Winterpause

Mit einem d und einem A verabschiedet sich ZusammenLernen in die Winterpause.



Erholsame Feiertage und bis nächstes Jahr!







Der Aktionstag "Lesen und Schreiben - mein Schlüssel zur Welt" in Bildern

Da die Zeit heute zum Schreiben zu knapp ist, gibt's nur Bilder von der Regionalveranstaltung in Berlin, dem Aktionstag "Lesen und Schreiben - mein Schlüssel zur Welt"...

Die Themeninseln




Unsere Themeninsel

Akteure in der Diskussion


Lautgebärden

Heute im Zug habe ich ein älteres Alfa-Forum (die Zeitschrift für Alphabetisierung und Grundbildung, hrsg. vom Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. - Winter 2009: Nr.72) gelesen. Und da habe ich kurze, nette Tipps für Lautgebärden gefunden, die ich hier heute teilen will. Ich finde, als KursleiterIn kann man nie genug von diesen kleinen, aber effektiven Veranschaulichungen auf Lager haben.

Unterscheidung m - n:
(Alfa-Forum 2009/72, S. 24)

m wie Mund: Da passen drei Finger dran und das ist eine Hilfe zur Erinnerung an die drei "Beine" vom kleinen m.










n wie Nase: Die Nase hat zwei Nasenflügel, die man mit zwei Fingern zuhalten kann. Das passt zu den zwei "Beinen" vom kleinen n.

Unterscheidung b - d:
(Alfa-Forum 2009/72, S. 16)

Je nachdem, ob die Lerner Rechts- oder Linkshänder sind, machen sie mit der anderen Hand (in der sie den Stift nicht halten) ein kleines b oder ein kleines d. Das kann man dann als Erinnerungshilfe nutzen.

Gastbeitrag Renate Ömer


Quelle: zukunft-basisbildung.at
Heute möchte ich einen Gastbeitrag von Renate Ömer, Blogkollegin aus Österreich von Zukunft-Basisbildung.at veröffentlichen:

 

 

Renate Ömer

ist gelernte DaF-Lehrerin und IT-Organisatorin.
Arbeitsschwerpunkte: Methodik & Didaktik IKT, Mathematik mit Lebensweltbezug, Kompetenzorientierung.
Bis 1999 Diplomstudium Komparatistik & Germanistik (DaF), bis 2008 IT-Organisation Teich AG, ab 2009 Lernbegleiterin Basisbildung, seit 2011 Projektarbeit Social Media in der Basisbildung.

Basisbildung für Schlaue?


Der soll ein funktionaler Analphabet sein? Aber der schaut doch viel zu pfiffig aus!
So beginnt am 6. Mai ein Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung über den Analphabetismus. Er spricht über das weitverbreitete Klischee, dass die Ursache dafür Minderbegabung sei. Dieser Schluss liegt für viele auf der Hand: Herrscht doch in Österreich seit Jahrhunderten allgemeine Schulpflicht, die seit Jahrzehnten lückenlos erfüllt wird. Wer da nicht Lesen und Schreiben lernt, der muss wirklich dumm sein.

Die Wirklichkeit

Wirklichkeit ist leider auch, dass die Pflichtschule nicht lückenlos für Qualität garantieren kann: Stichwort Leistungsverantwortung. Die Qualität der Pädagogik, die Qualität in der Zusammenarbeit zwischen Lehrenden, Eltern und SchülerInnen reicht nicht aus, um allen schulpflichtigen Kindern die Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Dazu kommt, dass die Schule keine sozialen Ungleichheiten ausgleichen kann. Wenn die Eltern nicht ergänzen, was die Schule nicht leisten kann, dann bleiben Kinder zurück. Und wenn weder Eltern noch Schule zur geistigen Entfaltung des Kindes beitragen können, wird das Pflichtschul-Abschlussniveau nicht erreichbar sein. Möglicherweise wird trotzdem ein positives Abschlusszeugnis ausgegeben, auch wenn die notwendigen Grundfertigkeiten gar nicht vorhanden sind. Und dann beginnt der Spießrutenlauf zwischen Arbeitgebern und Behörden, mit der ständigen Angst, bloßgestellt zu werden. Dass aus solchen Erfahrungen sozialer Rückzug, Opferhaltung, Verweigerung, Aggression und Ablehnung von Bildungsangeboten resultieren, verwundert nicht.

Der Traum

Meine Vision ist, dass 2020 Basisbildung für die Schlauen ist und nicht mehr als Spezialförderung für die Zurückgebliebenen gilt. Schlau sein heißt dann, sich das Know How zu besorgen, das für die momentane Lebenssituation notwendig ist. Das ist dann genau so selbstverständlich wie die Teilnahme am Kurs zum ökologischen Gartenbau oder zur Erstellung des eigenen Stammbaumes.
  • Wird z. B. die Verwendung der Schriftsprache immer unumgänglicher, dann geht jeder Mensch ganz selbstverständlich in die Basisbildung und bekommt dort die passgenaue Unterstützung.
  • Ist es unmöglich, mit der eigenen Rechenkompetenz zu rationalen Entscheidungsgrundlagen zu kommen, führt der erste Weg in die Basisbildung. Nachvollziehen, trainieren und anwenden wird zur Selbstbestärkung schlechthin.
  • Haben sich neue Technologien etabliert, mit denen viele schon selbstverständlich umgehen, führt der erste Weg in die Basisbildung. Dort können sich alle sicher sein, einen Einstieg auf dem passenden Niveau zu finden.
Niemand wird es mehr notwendig haben, sich für fehlende Kompetenzen zu rechtfertigen. Das Nachholen von Abschlüssen ist absolut uninteressant. Gewürdigt wird die Eigeninitiative, sich das anzulernen, was der Mensch für sein menschliches und berufliches Fortkommen braucht. Unterstützt wird das selbstverständlich nicht nur informell, sondern bundesweit institutionell, finanziell und kommunal. Lernen vor Ort und virtuell vernetzt greifen ganz selbstverständlich ineinander.



In der LehrerInnen-Tasche...

Kennen Sie die "What's in my bag?"-Videos und Fotos? Wahrscheinlich seit es YouTube gibt, gibt es Fotos oder Filme, in denen Menschen zeigen, was sie in ihrer Tasche so jeden Tag mit sich herumschleppen. Hier kann man, z.B. solche Fotos auf Flickr anschauen.
Über den Nutzen solcher Fotos und Viedeos kann man sich streiten, aber sie haben mich auf eine neue Blogidee gebracht. Als KursleiterIn muss man auch jeden Tag seine gefüllte Tasche zum Unterricht bringen - nur was ist denn da wohl drin? Ich hab von meinem Kram einmal Fotos gemacht - vielleicht bringt es ja den einen oder die andere auf neue Ideen:

1. für die Arbeitsblätter
Diese Mappe finde ich super - außen Plastik wegen der Haltbarkeit, innen Papier und 6 Einlegefächer für 6 verschiedene Sätze kopierter Arbeitsblätter. Leicht zu öffnen, zu sichten und rauszunehmen.






 
 2. Kleinkram
 ...hebe ich in dieser Din-A5 Plastikmappe auf. Was da genau drin ist?









3. Stifte
Kulis, bunte Filzstifte, Buntstifte, Whiteboard-Stifte, Folienschreiber, Bleistifte








4. Bastel-Material
...selbsterklärend...









5. Sonstiges
USB-Stick (weil man den bei uns an den Kopierer anschließen kann),
Magnete,
Würfel und Spielsteine für Würfelspiele,
Klebezettelchen, um Seiten zu markieren
und Bonbons als Preise für Spiele






6. Und schließlich:
einen Din-A5 Plastikumschlag mit all den kleinen Kärtchen und Bildern, die man im Unterricht benötigt.







Fachtagung Alphabetisierung 2013 in Nürnberg

Wieder sind fast 3 Tage Fachtagung vorbei - vollgepackt mit Austausch, Informationen, viel Arbeit und viel Spaß.

Los ging's wie immer mit Reden zur Eröffnung der Veranstaltung - hier von Dagmar Wöhrl (CDU/CSU Fraktion), Manfred Schmidt (BAMF) und Jutta Stobbe, einer ehemaligen Lernerin und Botschafterin der Alphabetisierung.

Thomas Bartelt eröffnete die Ausstellung "Lesen und Schreiben - mein Schlüssel zur Welt", die danach auch angeschaut und ausprobiert werden konnte.

Danach sprach Reinhard Sellnow über die Teilhabe von Bürgern an wichtigen Entscheidungen: den sogenannten Bürgerbeteiligungsprozessen. Darüber kamen wir dann zum Thema Alphabetisierung und "Betroffene zu Beteiligten machen". Denn Lernende sollten genauso in Entscheidungen einbezogen werden, die sie etwas angehen.


Peter Hubertus stellte zuerst die Sichtweise der Lernenden und ihre Argumente vor - und danach die der Fachleute, Wissenschaftler und Kursleitenden. Dadurch wurde deutlich, dass beide Seiten sinnvolle und nachvollziehbare Gründe haben, und eine Entscheidung dafür oder dagegen gar nicht so einfach ist (obwohl - also rein von der Menge gesehen, nannte er weit mehr Argumente als "Wir Lerner"...). Wir gingen dann an Tische mit verschiedenen Themen, zu denen wir in wechselnden Kleingruppen diskutierten (World Café).

Der folgende Tag blieb beim Thema der Beteiligung von Lernern und zeigte uns die internationale Sicht. Michael Power, Lerner und ehemaliger Vorsitzender der NALA (der irischen Organisation für Alphabetisierung) erzählte uns davon, wie Lernende in Irland in Politik und Entscheidungsgremien teilhaben. In Irland hat jeder vierte Erwachsene Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben, das macht 25 Prozent der Gesamtbevölkerung. Gegen diese Zahlen muss die Politik etwas machen - und die Lernenden unterstützen und steuern dabei. Michael sprach eindringlich von der "Learner's Voice" - der Stimme aller Lernenden - und dass sie gemeinsam so laut sein muss, dass die Politik sie hört.

In eine ähnliche Richtung geht auch das LEXIDA-Projekt, das Tim-Thilo Fellmer, Jutta Stobbe, Elfriede Haller und Bettina Lübs anschließend vorstellten. Auch hier werden Lerner-Experten eine wichtige Rolle spielen.

In den anschließenden Workshops hatte man die Qual der Wahl. Alles klang spannend, und der Stadtrundgang im sonnigen Nürnberg war eine gute Möglichkeit, das künstliche Licht und die Klimaanlage des Tagungsraums mal zu verlassen. Danach ging's zum Infomarkt, auf dem - wie der Name schon sagt - man Infos zu neuen und alten Projekten bekommen konnte.

Am Abend gab es eine Lesung von Lerner-Texten, vorgetragen von Achim Scholz und Brigitte van der Velde und einer spontanen Zugabe
von Lerner Kay.

Und dann begann schon der dritte und letzte Tag mit einer Gesprächsrunde mit den Alfa-Helden Solveig und André. Sie erzählten von ihren Erfahrungen und wie es ist, als Jugendliche Öffentlichkeitsarbeit für Alphabetisierung zu machen.
Dr. Corinna Kleinert stellte die Ergebnisse der NEPS Bildungsstudie vor.

Die Veranstaltung endete mit einer Diskussionsrunde und einem Fazit des
Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung - und einer nicht enden wollenden Verabschiedung von alten und neuen Freunden und Mitstreitern.



Lesen und Schreiben e.V. feiert Jubiläum!

30 Jahre gibt es ihn nun schon. 1983 wurde er als deutschlandweit zweitältester Verein zum Thema Alphabetisierung gegründet: Lesen und Schreiben e.V. Berlin. Und das wurde am 25.10. gefeiert.

Viele ehemalige und derzeitige Lernende waren dabei, viele Lehrende und Ehrenamtliche, Berliner und Neuköllner Politiker und Politikerinnen; Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus sozialen Einrichtungen, Arbeitsvermittlungen, Bildungseinrichtungen und so weiter und viele andere Freunde des Vereins.

Es gab Reden der Bildungssenatorin, Sandra Scheeres, der Neuköllner Bildungsstadträtin, Dr. Franziska Giffey, und Elfriede Haller aus dem Vorstand des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung. Es fanden Lesungen mit wunderbaren Texten von Lernenden statt, Filmvorführungen und ein Sofagespräch, bei dem Dr. Ulrich Raiser (Senatsverwaltung Bildung) und Elfriede Haller Fragen des Publikums beantworteten. Und natürlich wurde festlich gespeist!

Es gab Stolz, Freude, Dankesworte, es gab bewegende Momente und Rückblicke. Aber es gab auch den Ausdruck von Wut und Frustration über die immernoch schwierigen Bedingungen unter denen der Verein arbeiten muss, und die nicht nur dem Verein und vielen Lernern und Lernerinnen, sondern letzlich der Gesellschaft schaden.

Es gibt noch viel zu tun - wir sind gespannt auf die nächsten 30 Jahre!


Dazu auch:



Evernote für Dozenten und zur Projektverwaltung

Seit dem Studium habe ich mich immer wieder und immer wieder anders mit Zeit- und Selbstmanagement beschäftigt. Das ist ja auch kein Wunder: beim Studieren und Promovieren, beim Unterrichten oder bei der Projektarbeit - und abgesehen davon auch im privaten Leben - muss man sich die Zeit selbst einteilen, hat man mit Informationsflut zu kämpfen, muss man große Aufgaben in kleine Arbeitspaketchen verpacken und so weiter. Und immer mit der Hoffnung, dass es doch eigentlich noch besser und schneller gehen müsste.

Deshalb ist es eigentlich erstaunlich, dass ich jetzt erst zu Evernote gefunden habe. Inzwischen möchte ich das Programm nicht mehr missen - es erleichtert mir mein tägliches "Zeug" erheblich. Deshalb möchte ich hier zusammenfassen, wie ich es nutze und warum ich es nutze. Dabei möchte ich mich auf die Funktionen beschränken, die ich brauche und verwende - sicherlich kann Evernote noch sehr viel mehr...

Informationssammlung

 

Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich bin oft absolut erschlagen von Informationen, die auf mich einprasseln: Newsletter, Webseiten, Blogartikel, neue Publikationen, Tagungseinladungen, Unterrichtsideen, Flyer, Infos aus persönlichen Gesprächen, Termine, und, und, und. Bis jetzt hatte ich immer viele verschiedene Orte, an denen ich das alles versucht habe, zu speichern: Computer für Dateien, Lesezeichen in Firefox für Webseiten, Emailkonto für Emails mit Anhängen, Papierordner für Zettelkram, Notizzettel für Notizen. Und manches ist dann halt auch einfach untergegangen. Evernote kann das alles auf eine wirklich einfache Art zusammenführen (denn nur einfach macht Sinn - ansonsten macht man's ja auch auf Dauer nicht mehr).

Dazu legt man sich erst einmal passende Evernote-Notizbücher an (bei mir z.B. "INFO Unterrichtsideen" oder "INFO Grundbildung und Gesundheit", "INFO Tagungen", ...)
Und dann wird da wild abgelegt:

Websites => können mit dem WebClipper einfach ausgeschnitten und in ein Evernote-Notizbuch eingefügt werden
Emails, Email-Newsletter => können an Evernote (genauso wie sonst an andere Personen) mit dem normalen Email-Programm weitergeleitet werden
Dateien => können in Evernote gespeichert werden
Notizen => fotografiere ich mit dem Handy ab oder nehme sie per Mikrofon gesprochen auf (da ist ein Smartphone doch ganz praktisch)
Flyer, gedruckte Listen, andere gedruckte Infomaterialien => abfotografieren oder mit Handy-Scanner als pdf speichern - so können auch mehrere Seiten schnell mit ein paar Knipsen aufgenommen werden

Ganz wichtig: in einer Suche in Evernote werden nicht nur selbst eingetippte Notizen, sondern auch Fotos
und pdfs durchsucht. Also: wenn ich das Wort "Lerntherapie" suche, werden alle pdfs und Fotos, in denen das Wort vorkommt, gefunden. Das habe ich nicht, wenn ich die Dateien ausdrucke und ablege, das habe ich nicht in meinem Email-Programm (das zeigt mir zwar die Mails an, in denen das Wort steht, aber durchsucht nicht die pdfs, die ich vielleicht in den Anhängen verbergen), und auch nicht bei einer Archivierung auf dem Computer (da muss ich nämlich alle Dateien einzeln durchsuchen).

Projektverwaltung


Vorweg: Viel von dem, was ich jetzt schreibe, habe ich mir von David Allens berühmten "Getting Things Done" abgeguckt. Ist also beleibe nicht alles auf meinem Mist gewachsen. Aber es lässt sich sehr schön mit Evernote umsetzen und kombinieren.

Also: für alle komplexen (beruflichen und privaten) Aufgaben, die ich in meinem Leben gerade erledigen muss, lege ich ein Notizbuch an. David Allen nennt das ein "Projekt". Da tummelt sich bei mir z.B. "PRO ZusammenLernen", "PRO Fachtagung", "PRO Diss veröffentlichen", "PRO Wochenendausflüge" und so weiter. In dem Notizbuch speichere ich Informationsmaterialien (Websites, Flyer, und siehe oben), aber auch Notizen mit den nächsten anstehenden Schritten für das Projekt.

Also stellen wir uns vor, ich habe zunächst die Info zur anstehenden Fachtagung aus z.B. einem Newsletter in "INFO Tagungen" einfach abgelegt. Dann entscheide ich mich dazu, die Tagung zu besuchen und dort auch noch einen Workshop zu geben. Ich lege dann das Notizbuch "PRO Fachtagung" an und speichere alle Infos, die dazu gehören: online gebuchte Fahrkarte und Zugverbindung, Tagungsprogramm, Anfahrtsbeschreibung von Bahnhof zum Hotel,... Dann überlege ich mir: was sind meine nächsten Schritte in dem Projekt? Meinetwegen: Workshop konzipieren, Powerpoint erstellen, Tagungsleiter anrufen. Das werden alles einzelne Evernote-Notizen. Und denen gebe ich - ich hoffe, ihr könnt mir noch folgen - jetzt noch Schlagwörter. Diese Schlagwörter bezeichnen den Ort oder das Umfeld, an dem ich die Schritte erledige. Workshop konzipieren bekommt das Schlagwort @home, Powerpoint erstellen @compi, Tagungsleiter anrufen @phone. Der Vorteil davon: Manchmal habe ich 15 min Zeit und überlege, was ich damit machen kann. Bin ich zu Hause, lass ich mir nur die Notizen mit dem Schlagwort @home anzeigen. Bin ich in der Laune, mal durchzutelefonieren, zeigt mir Evernote auf Knopfdruck alle Telefonate an, die ich erledigen muss. Und so weiter.

Ich kann den Evernote-Notizen auch Erinnerungen zuweisen, so dass ich an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit daran erinnert werde - falls es eine bestimmte Frist gibt, die ich einhalten muss. Und ja, so richtig Spaß macht das auch erst, wenn man ein Smartphone hat und da zwischendurch immer wieder reinschauen kann, auch wenn man z.B. mal in der Stadt unterwegs ist (denn @city gibts bei mir auch...). Wenn ich den Schritt erledigt habe, wird er weggelöscht.

für Dozenten


Speziell für den Unterricht nutze ich folgende Funktionen:
  • Ich speichere mir Infos, wie Telefonlisten oder Ferientage,
  • ich sammele Unterrichtsideen aus dem Netz und aus Newslettern, 
  • ich speichere die von mir und meiner Kollegin ausgearbeitete Grobplanung für die einzelnen Module,
  • ich speichere das Konzept vom BAMF
  • ich fotografiere Tafelbilder ab 
  • ich mache die Evaluation der Stunde per Mikrophon mit dem Smartphone auf dem Weg nach Hause

 

Ich benutze Evernote NICHT für...


  • ...Termine. Und ich habe auch keinen elektronischen Kalender. Denn ich schreibe viel lieber und schneller mit der Hand.
  • ...sensible Daten. Da hab ich nicht so viele von, aber ich würde sie auch nicht in einer Cloud speichern.
  • ...Konzeptionen, Mind Maps, Ideensammlungen. Denn auch die will ich mit der Hand schreiben. ABER danach fotografiere ich sie ab und speichere sie in Evernote!

Akteure der Alphabetisierung: P.G.

P.G.

  • ist Lernerin bei Lesen und Schreiben e.V. in Berlin Neukölln
  • hat in diesem Jahr den Schreibwettbewerb des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung gewonnen
  • Über ihr Leben mit dem Lesen und Schreiben wird in dieser halbstündigen Doku berichtet


1) Warum hast du dich dazu entschieden, lesen und schreiben zu üben?
Damit es für mich einfacher wird die Regeln für die Rechtschreibung und Grammatik zu verstehen. Ich möchte gern, dass man meine geschriebenen Wörter lesen kann.

2) Was ist besonders gut daran, lesen und schreiben zu können?
Dass man ohne fremde Hilfe auskommt und das ich vielleicht anderen helfen kann.

3) In der Gesellschaft muss man für die Alphabetisierung noch viel verbessern. Was ist deiner Meinung nach im Moment  das wichtigste Problem?
Man sollte uns einen geschützten Rahmen bei den Arbeitsvermittlern geben und ich finde es wichtig, dass wir besser in die Berufswelt eingegliedert werden. Viele denken, dass man nach 2 Jahren lesen und schreiben lernen alles perfekt kann. Das ist aber nicht so. Der Arbeitsmarkt müsste sich für uns öffnen.

4) Was möchtest du neuen Lehrern und Lehrerinnen sagen?
Dass sie Geduld mit uns haben sollen. Sie müssten uns motivieren, wenn es nicht auf Anhieb klappt. Die Dinge, die uns so schwer fallen müssen sie genauer erklären.

5) Was ist dein Lieblingswort?
„Stärke“

Lerner sind die Experten! TEIL 1

Lerner nehmen die Auszeichnung als Botschafter für Alphabetisierung entgegen
Vor jetzt etwas mehr als 1 1/2 Jahren habe ich angefangen, mich mit dem Thema Alphabetisierung und Grundbildung stärker zu beschäftigen. Dabei ist mir etwas aufgefallen, was mir auf den ersten Blick wie ein Widerspruch vorkam: Auf der einen Seite ist das Thema in der Öffentlichkeit noch viel zu wenig bekannt, und die Betroffenen verstecken sich unter großer persönlicher Belastung. Auf der anderen Seite gibt es eine große Gegenbewegung von Lernern, die ihre Lese- und Schreibschwierigkeiten öffentlich machen. Sie gehen zu Interviews und zu Tagungen, organisieren Informationsveranstaltungen, besuchen sich deutschland- und sogar europaweit und tauschen sich aus und organisieren sich.
(Inzwischen ist das für mich gar kein Widerspruch mehr, im Gegenteil, aber darum soll es bei dem Artikel heute nicht gehen.)

Mich hat es also beeindruckt, wie der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung oder die VHS in Oldenburg, der Verein Lesen und Schreiben e.V. und viele andere, Lernende gezielt in ihre Arbeit einbeziehen. Für mich machte das am Anfang ganz aus meinem eigenen sozialen Verständnis heraus Sinn: Ich fand es richtig, dass diejenigen, über die geredet wird, auch mitreden können. Das heißt: Wenn auf einer Tagung ein Expertenaustausch zu z.B. Angeboten für funktionale An-Alphabeten stattfindet, dann müssen die Betroffenen auch die Möglichkeit haben - als die Zielgruppe, als Experten - etwas beitragen zu können. Das fand und finde ich richtig, gerecht, wertschätzend, notwendig. Und noch dazu bietet es den Lernenden eine Gelegenheit, z.B. Motivation zu schöpfen oder ihr Leben als funktionale An-Alphabeten auf einer Metaebene zu reflektieren (Entschuldigung für die Fremdwörter, aber hier trifft's einfach am besten...) - alles ganz wichtige Kompetenzen und eine Bereicherung fürs Leben.

Nachdem ich in diesem Jahr in meiner eigenen Arbeit an der Aktion Alpha-Kompetenz eng mit Lernern zusammengearbeitet habe, hat sich die frühere Sichtweise für mich noch einmal ganz entscheidend erweitert: Während ich früher vor allem die soziale Notwendigkeit und die Vorteile für die Lerner gesehen habe, sehe ich jetzt auch ganz deutlich die - sagen wir mal: wirtschaftliche Notwendigkeit und die Vorteile für die Projektleitung, die Chefs, die Vortragenden - und schließlich, klar, die Gesellschaft an sich.
Warum?

(1.) Nur, indem man die Betroffenen nach Ihrer Meinung fragt, kann man sicherstellen, dass Maßnahmen, Öffentlichkeitsarbeit, und eigentlich alles was man (unter meist hohen Investitionen) für die Zielgruppe entwickelt, von der Zielgruppe überhaupt angenommen wird. Bei einer Produktentwicklung werden auch Kundenbefragungen und Marktanalysen und wasweißich gemacht, um sicherzustellen, dass das Produkt auch genau auf die Bedürfnisse der Kunden passt. So muss man doch auch vorgehen, wenn es darum geht, Kurse, Flyer, oder andere Produkte der Öffentlichkeitsarbeit wirkungsvoll an die Zielgruppe zu bringen. Was nützt - um auf meine eigenen Erfahrungen zurückzukommen - ein Alpha-Aufkleber an den Türen von alpha-kompetenten Einrichtungen, wenn er von Betroffenen nicht verstanden oder angenommen wird? Der Aufkleber muss also von den Lerner-Experten mitentwickelt werden.
Investitionen in Öffentlichkeitsarbeit sind notwendig - und dann sollte man auch durch die Zusammenarbeit mit Lernern den maximalen Nutzen erreichen.

(2.) Lerner können ganz echt und authentisch von dem Leben mit Lese- und Schreibschwierigkeiten erzählen. Alle anderen können das nicht. Das ist einfach so. So richtig verstanden habe ich das erst seit ich selbst im Team mit zwei Lernern Multiplikatorenschulungen gebe. Da kann ich viel über mögliche Ursachen von Lese- und Schreibschwäche referieren - sobald Lerner aus ihrem eigenen Leben berichten, hören die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ganz anders zu. Ich habe den Eindruck, dass sie dann mehr verstehen und es weniger schnell vergessen. Und es steigert die Qualität der Schulung erheblich. In jedem Evaluationsbogen, den ich bisher erhalten habe, wurde die Beteiligung der Lerner als wichtig hervorgehoben.

Lerner sind die Experten und die besten Fürsprecher für ihre Sache. Wir müssen sie einbeziehen und es sollte allen bewusst sein, dass nicht nur die Lerner selbst davon profitieren können. Dafür gibt es soziale Gründe und wirtschaftliche Gründe, und schließlich macht es auch einfach mehr Spaß miteinander zu lernen. Mir zumindest ist es so wichtig, dass ich meinen Blog danach benannt habe.

mehr Informationen:

"Lernende als Experten ernst nehmen"
Landkarte: Lerner-Experten in der Alphabetisierung und Grundbildung
Alfa-Forum 80(2012): Mit den Lernenden zum Erfolg!
ABC Selbsthilfegruppe Oldenburg 
"Lerner diskutieren Perspektiven"



Akteure der Alphabetisierung: Marion Karakelle



Marion Karakelle 


ist Lernerin bei Lesen und Schreiben e.V.

1) Warum hast du dich dazu entschieden, lesen und schreiben zu üben?
Wegen meinen Kindern und meinem Berufswunsch.

2) Was ist besonders gut daran, lesen und schreiben zu können?
Das man sich in der Welt zurechtfinden kann.

3) In der Gesellschaft muss man für die Alphabetisierung noch viel verbessern. Was ist deiner Meinung nach im Moment  das wichtigste Problem?
Die Bewilligung vom Jobcenter für den Kurs bei Lesen und Schreiben e.V. ist schwer zu bekommen. Ein anderes Problem ist, dass man uns nicht akzeptiert.

4) Was möchtest du neuen Lehrern und Lehrerinnen sagen?
…mehr Verständnis für die Schüler und genauer hingucken….

5) Was ist dein Lieblingswort?
„Zeit“

Akteure der Alphabetisierung: Ulrike Busse



Ulrike Busse

ist Dipl.-Kommunikationswirtin und arbeitet seit Dezember 2011 bei Lesen & Schreiben e.V. in Berlin-Neukölln. Sie unterrichtet funktionale An-Alphabeten in den Fächern Deutsch und Sozialkunde und arbeitet in einer Arbeitsgruppe im Alphabündnis Neukölln mit.

1.) Warum haben Sie sich / hast du dich dazu entschieden, im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung zu arbeiten?

Bis vor einigen Jahren wusste ich zugegebener Maßen gar nichts davon, dass es  in Deutschland möglich ist, dass Erwachsene lesen und schreiben in ihrer Muttersprache lernen können, geschweige denn, dass das nötig ist. Dann habe ich aber einen Bericht im Fernsehen gesehen, der mich schockiert hat. Danach wollte ich sofort mehr wissen. Und zum Glück habe ich dann Lesen und Schreiben e.V. im Internet gefunden, wo ich heute unterrichten darf.
Ich finde es persönlich wichtig und richtig, sich in diesem Bereich zu engagieren, denn er bekommt gesellschaftlich und politisch viel zu wenig Beachtung!

2.) Welche Tätigkeit hat Ihnen/dir bisher in diesem Bereich am meisten Spaß gemacht?
Der Unterricht mit den Lernern! In dem Bereich zu arbeiten macht mir viel Freude, weil ich andere auf ihrem Weg begleiten und unterstützen kann, ich kann ein offenes Ohr für sie haben, sie begeistern und ermutigen und mich mit ihnen freuen, wenn es Erfolge gibt. Das ist doch super!

3.) Wie sehen Sie / siehst du die Zukunft in diesem Bereich, bzw. was ist Ihrer/deiner Meinung nach derzeit das dringlichste Problem?
Ich möchte die Zukunft unbedingt positiv sehen! Aber das wird ein mühsamer Weg, der Geduld bei allen Beteiligten erfordert, die ich schon mal nicht habe (:-/). Aber ich übe mich darin.
Ein Problem sehe ich in der Gesellschaft, die ganz stark von der Arbeitswelt geprägt ist. Menschen definieren sich über ihren Beruf/ ihrem Job und dem, was sie materiell vorweisen können. Es gibt kaum Platz für Schwächen. Es kostet anscheinend zu viel Mühe, Menschen in ihren vorhandenen Kompetenzen abzuholen, damit sie einen Arbeitsplatz bekommen können. Es ist einfacher für alle Bereiche 120% zu fordern und nicht zu suchen, wer trotz Schwächen individuell zu einer Stelle passen könnte. Wer nicht ins Schema passt, fällt unten durch.
Ein anderes Problem ist,  dass politisch oft zu kurzfristig und nicht nachhaltig gedacht wird. Und: dass Politik zu langsam und nicht mutig genug ist, um wirklich was von Grund auf zu ändern bzw. etwas zu initiieren. Wir brauchen ganzheitliche Förderung mit Weitblick, Zusammenarbeit der einzelnen Ministerien, Grundbildung für alle! als Sache des Bundes und Verständnis für die aktuell schlechte Situation der Betroffenen verbunden mit der Erkenntnis, dass das so nicht weitergehen kann, wenn wir uns gleichzeitig Sozialstaat nennen.

4.) Was möchten Sie / möchtest du dem beruflichen Nachwuchs mit auf den Weg geben?
Das ist ein Tätigkeitsbereich, in dem man viel Gutes geben kann und in dem man sehr viel Positives zurückbekommt.

5.) Was ist Ihr / dein Lieblingswort?
„Chance“


Der Weltalphabetisierungstag 2013


Quelle: unesco.org
Wie auch im letzten Jahr hier eine kurze Auswahl der Aktionen und Medienberichte rund um den Weltalphabetisierungstag am 8.9.2013:




lokale Aktionen
Medienberichte

Der erste Alpha-Aufkleber in Neukölln!

In Berlin-Neukölln klebt seit Mittwoch der erste Alpha-Aufkleber - ein Gütesiegel für das Engagement gegen funktionalen An-Alphabetismus. Aufkleber? Gütesiegel? Wer Genaueres wissen will, dem sei hier mein Text zur feierlichen und medienwirksamen Verleihung des ersten Alpha-Aufklebers ans Herz gelegt:



Anfangen möchte ich mit einer entscheidenden Besonderheit von funktionalem An-Alphabetismus: die UNSICHTBARKEIT der Betroffenen. Die Öffentlichkeit weiß nämlich noch viel zu wenig, dass es Menschen mit Lese- und Schreibproblemen gibt; dass es z.B. kein Migrationsproblem ist und dass es nicht nur eine Randgruppe betrifft. Und Betroffenen sieht man es natürlich auch nicht an, und sie verstecken sich häufig und leben in großer Angst und großem Stress. Zum Teil wissen sie gar nicht, dass sie nicht die Einzigen sind, und dass es Hilfe gibtSie stecken dann ihre Energie in das Verstecken, nicht in das Lernen – und das ist für niemanden gut: nicht für die Betroffenen selbst und nicht für unsere Gesellschaft allgemein.

Gegen diese Unsichtbarkeit steht der ALPHA-AUFKLEBER als ein Zeichen. Und ich möchte Ihnen jetzt schnell beschreiben, wieso und wie er das tut. Dafür sind 4 Stichwörter wichtig: Aufmerksamkeit, Auftrag, Aufbauen und Aufteilen.

Anfangen möchte ich mit AUFMERKSAMKEIT. Geschulte und kompetente Einrichtungen bekommen den Aufkleber und können ihn an ihrer Eingangstür anbringen. Unser Aufkleber erzeugt so Aufmerksamkeit im Neuköllner Stadtbild.
  • Einrichtungen können mit ihrer Kompetenz werben und nach außen zeigen, dass sie sich für das Thema stark machen.
  • Betroffene sehen den Aufkleber und haben weniger Angst und Stress, die Einrichtung zu betreten und das Angebot in Anspruch zu nehmen.
  • Die Öffentlichkeit sieht den Aufkleber und fragt sich vielleicht, wofür er steht, kommt mit anderen darüber ins Gespräch,...
Wir brauchen viele kleine Anlässe für Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit. Der Aufkleber sorgt dafür.

Um den Aufkleber an die Einrichtung zu verleihen, müssen wir aber sicher sein können, dass dort wirklich kompetent mit der Zielgruppe umgegangen wird. Dass der Aufkleber als Gütesiegel auch hält, was er verspricht. Das habe ich unter dem Stichwort AUFTRAG zusammengefasst. Die Einrichtungen bekommen den Auftrag, bestimmte Kriterien, bestimmte Anforderungen zu erfüllen, bevor sie den Aufkleber bekommen.
  • sie nehmen an einer 6-stündigen Schulung zum Thema teil
  • an der Schulung nehmen mindestens 2 Mitarbeiter teil – das ist wichtig, denn wenn ein Mitarbeiter aus welchem Grund auch immer die Einrichtung verlässt, dann kann Kompetenz und die Verantwortung nicht verloren gehen
  • Die Mitarbeiter übernehmen Verantwortung, eine Botschafterrolle; die auch durch die Leitung unterstützt wird
  • Und dann ist es auch notwendig, einen AKTIONSPLAN zu erstellen. Das bedeutet, dass in der Schulung alle Arbeitsschritte in der Einrichtung auf Hürden für Menschen mit Lese- und Schreibproblemen abgeklopft werden. Wir erarbeiten dann in der Schulung und mit den Betroffenen zusammen Verbesserungen, die dann von der Einrichtung auch umgesetzt werden müssen.

Wir bauen hier heute das deutschlandweit erste Gütesiegel zum Engagement gegen funktionalen An-Alphabetismus auf. Damit kommen wir zum Stichwort AUFBAUEN. Uns hat dabei sehr gefreut, dass die Aktion von Anfang an auf großes Interesse gestoßen ist. Es haben bereits 22 Einrichtungen fest zu einer Schulung zugesagt, oder schon teilgenommen haben:
Und im Laufe dieses Jahres werden noch andere Einrichtungen dazu kommen. Wir freuen uns darauf, diese vielen Aufkleber in Neukölln zu sehen.

Aber es geht nicht nur um Aufbauen, es geht auch um Ausbauen. Wie Sie gemerkt haben, schulen wir in diesem Jahr die sozialen Vereine, und das ist eine ganz wichtige erste Basis. Aber wir müssen unbedingt in die Bereiche Gesundheit, Kita und Schule, in die kommunalen Behörden oder auch in die Betriebe und Unternehmen.
Darüber hinaus möchten wir dieses Neuköllner Modellprojekt gerne berlinweit ausbauen.
Stellen Sie sich einmal vor, dass Betroffene in ganz  Berlin einen Arzt mit Alpha-Aufkleber aussuchen können, weil sie wissen, dass sie dort angemessen behandelt werden und keine Angst vor dem Patientenbogen schon in der Anmeldung haben müssen. Dass sie vielleicht auch in ihrem Bürgerbüro oder ihrer Kita vorsichtig darauf angesprochen werden, dass sie eventuell Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben und dann gleich an ein passendes Angebot weitergeleitet werden können. So kann Sichtbarkeit entstehen. So können Folgekosten eingespart werden und für jeden ein passendes Weiterbildungsangebot gefunden werden. So kann für eine große Bevölkerungsgruppe erstmals Teilhabe an der Gesellschaft entstehen.

Und schließlich und ganz wichtig: in unserer Arbeit wurden wir unterstützt – jetzt kommt das Stichwort AUFTEILEN ins Spiel. Einmal von unseren Bündnispartnern, die unser Angebot verbreitet haben und die z.B. mit uns in den AGs die Kriterien diskutiert haben. Ganz besonders wichtig war aber auch die Hilfe von den Lernern und Lernerinnen von Lesen und Schreiben e.V. Sie sind unsere Experten, weil sich natürlich niemand besser mit dem Thema auskennt als die, die selber beteiligt sind. Sie haben bei den Kriterien mitgearbeitet und Ihre Meinung gesagt, was ihnen als Bedingungen für den Alpha-Aufkleber wichtig ist. Sie sind bei den Schulungen dabei und berichten von Ihren Erfahrungen und können Fragen beantworten und Hinweise geben. Sie haben Zitate für Pressemitteilungen geliefert. Und, das ist ganz, ganz wichtig: sie haben den Aufkleber mit uns zusammen gestaltet.

Mit diesem Projekt setzen wir Forderungen von Lernenden, Empfehlungen von Forschern, Erfahrungen von Praktikern und letzendlich Teile der Nationalen Strategie für Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener, hier ganz lokal und ganz konkret um.

Mit dem Aufkleber wird Aufmerksamkeit erzeugt, und gleichzeitig Erleichterung für Betroffene und eine bessere Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit geboten.
Mit dem Aufkleber wird der AUFTRAG an die Einrichtungen gegeben, ihr Angebot auch für Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten erreichbar zu machen und sie werden in die Situation versetzt, Betroffene zu erkennen, anzusprechen und in einen Kurs weiterzuleiten.
Mit dem Aufkleber ist ein erster Schritt getan – der als Modellprojekt AUFBAU- und ausbaufähig wäre.
Mit dem Aufkleber wird Teilhabe und die erfolgreiche Zusammenarbeit eines Netzwerks symbolisiert, in dem sich alle zusammen die Arbeit AUFTEILEN und gemeinsam an der Aktion arbeiten.


PS: Der Aufkleber ist vom Alpha-Bündnis Neukölln initiiert und vom Projektträger Lesen und Schreiben e.V. Berlin getragen.

Foto: Urda

Akteure der Alphabetisierung: Almut Schladebach

Almut Schladebach


  • elf Jahre Lehrerin Sek I, seit 1987 „Hauptamtliche Pädagogische Mitarbeiterin“, hat das Zentrum Grundbildung an der Hamburger VHS mit aufgebaut  
  • zuständig u.a  für Öffentlichkeitsarbeit  zusammen mit dem Alpha-Team (TN Gruppe, die Öffentlichkeitsarbeit macht)  
  • hat in allen Kursstufen unterrichtet, ihr Spezialgebiet ist „Kreatives Schreiben (Buch „Schreibtage“ mit Schreibaufgaben, das Buch „Politik in Deutschland“ mit Kollegin)  
  • stellvertr. Leitung im "Arbeitskreis Alphabetisierung und Grundbildung" des DVV. Tutorin Lernportal www.ich-will-lernen.de.  
  • Projekterfahrung Ceppac, Grawira. Beirat von alphabit (Winterfest) und  z.Zt. Alpha-Unternehmen. 


1.) Warum haben Sie sich / hast du dich dazu entschieden, im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung zu arbeiten? 

Es bot sich mir die Gelegenheit von der Schule zur VHS zu wechseln, die habe ich ergriffen. Mit Erwachsenen zu arbeiten, die freiwillig lernen wollen, erschien mir sehr attraktiv. Darin habe ich mich nicht getäuscht. Das ist die pädagogische Arbeit, die ich mir immer gewünscht habe.

2.) Welche Tätigkeit hat Ihnen/dir bisher in diesem Bereich am meisten Spaß gemacht? 


Eigentlich alles:  Kreatives Schreiben mit den TN und der Kontakt zu den TN, besonders bei der Erstberatung und  Öffentlichkeitsarbeit zusammen mit dem Alpha-Team (TN Gruppe), aber auch Kursleitende fortzubilden. Am meisten befriedigt, Menschen dabei zu unterstützen, Ängste zu überwinden und selbstbewusster zu werden und das in erster Linie „nur“ durch Lesen und Schreiben.

3.) Wie sehen Sie / siehst du die Zukunft in diesem Bereich, bzw. was ist Ihrer/deiner Meinung nach derzeit das dringlichste Problem?  


Es fehlt eine einheitliche nationale Strategie und Bündelung der Aktivitäten. Zusätzlich muss jedes Bundesland ein Konzept haben. In HH wünsche ich mir z.B. seit 20 Jahren, dass alle, die mit dem Problem zu tun haben (könnten) an einem „runden Tisch“ zusammen kommen, um mehr Menschen zu erreichen. Immer noch berate ich Betroffene, die noch nie davon gehört hatten, dass es Kurse gibt.

4.) Was möchten Sie / möchtest du dem beruflichen Nachwuchs mit auf den Weg geben?  


Keine vorgefertigten Unterrichtskonzepte abarbeiten, sondern immer mit dem TN das Lernen gestalten, sich als geduldiger Lern-Begleiter verstehen. Material und Infos gibt es bei www.alpha-fundsachen.de .

5.) Was ist Ihr / dein Lieblingswort?  


Mehr als Ziel - Gelassenheit

Bundestagswahl 2013: Wahlprüfsteine

Die Bundestagswahl rückt immer näher. Wissen Sie schon, für wen Sie sich entscheiden werden?
Interessant an dieser Bundestagswahl ist, dass sie die erste Wahl nach der entscheidenden Zäsur 2011 ist - also der leo-Studie, die die Größenordnung von funktionalem An-Alphabetismus deutlich machte.
Der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung hat in diesem Jahr wie schon 2009 sogenannte Wahlprüfsteine veröffentlicht, an denen sich alle großen Parteien beteiligt haben.
Worum genau geht es bei dieser Aktion?

Quelle: alphabetisierung.de
In einer ersten Übersicht werden die Aussagen der CDU/CSU, SPD, FDP, der Linken, der Grünen und der Piraten zu Alphabetisierungs- und Grundbildungsthemen zusammengestellt. Dass alle Parteien betonen, dass die Förderung von Alphabetisierung und Grundbildung wichtig und notwendig ist, verwundert nicht, und auch sind kontroverse Aussagen erst einmal nicht zu vermuten. Hier trotzdem ein paar grundsätzliche Eindrücke:
  •  viele sinnvolle Punkte werden angesprochen, darunter: "psychosoziale und sozialpädagogische Begleitung" (SPD), "auf Nachhaltigkeit angelegte Finanzierungsmodelle" (Linke), "öffentlichkeitswirksame Kampagnen" (FDP), "Stärkung betrieblicher Grundbildung als auch die Etablierung von familienorientierten Angeboten" (SPD)
  • die Rolle von Lerner-Experten hat Bedeutung auf vielen Ebenen: Sensibilisierung in Bertrieben (CDU), Öffentlichkeitsarbeit (SPD), Arbeit in bundesweiten Netzwerken und wichtigen Initialiven (Linke), Ansprechpartner in allen Phasen (Grüne) und Motivations-Multiplikatoren (Piraten)
  • Schlagworte, wie "Alpha-Stiftung" (FDP) und "Alpha-Offensive" (SPD), fallen, werden aber nicht näher erklärt und ein erstes Googlen ergibt auch keine weiteren Infos oder Hintergründe
  • Einig sind sich SPD, Linke, Grüne und Piraten, dass das Kooperationsverbot im Bildungsbereich abgeschafft werden muss. Dieses Verbot verhindert die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der Bildung und überlässt den Ländern die Entscheidungshoheit. Problematisch ist das für die dauerhafte Finanzierung von Initiativen und Projekten besonders dann, wenn das Land arm ist und nicht viel Geld investieren kann.
  • Alle Parteien bieten ihr Wahlprogramm in leichter Sprache an.
Damit kommen wir auch zur zweiten Übersicht im Rahmen der Wahlprüfsteine, die der Bundesverband zur Verfügung stellt. Allen Parteien werden acht wichtige Fragen gestellt und um die Beantwortung in leichter Sprache gebeten. Diese Antworten findet man hier übersichtlich zusammengestellt. Gutes Material für den Unterricht oder einen Orientierungskurs - allerdings könnte die verwendete sogenannte leichte Sprache gerne noch etwas leichter formuliert werden! Trotzdem: eine gute Ausgangsbasis für eine Unterrichtseinheit.

Es wäre sehr zu wünschen, dass die Parteien ihre Versprechen auch nach der Wahl einhalten - aber um das zu überprüfen, können die Wahlprüfsteine im nächsten Jahr noch einmal herangezogen werden.


Akteure der Alphabetisierung: Karsten Cornelius

Karsten Cornelius

  • Webentwickler, Designer, Programmierer, Erwachsenenbildner
  • Seit 2003 in der Alpabetisierung an der VHS Oldenburg tätig
  • Aktuell als Entwickler im Projekt abc+ und im Regionalen Grundbildungszentrum (RGZ) Oldenburg tätig
  • Kursleiter für "Rechnen" und "Computer"
  • Betreut die ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg bei Webauftritt u.a.
  • Bloggt auf grundbildung.org

1.) Warum haben Sie sich / hast du dich dazu entschieden, im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung zu arbeiten?

Ich bin Quereinsteiger und 2003 rein zufällig in diesem Bereich gelandet. Dabei hatte ich immer das Glück, in einem wundervollen Team arbeiten zu können. Bei der Arbeit im Alpha- und Daf-Bereich faszinieren mich die Einblicke in völlig andere Lebensgeschichten und Realitäten bis heute - eine echte Horizonterweiterung und Inspirationsquelle. Mittlerweile ist mir die gesellschaftspolitische Bedeutung stärker bewusst geworden und ich möchte gern einen Beitrag leisten.


2.) Welche Tätigkeit hat Ihnen/dir bisher in diesem Bereich am meisten Spaß gemacht?

Am meisten Spaß macht mir die Mathematik und sie den Teilnehmern näher zu bringen. Außerdem entwickle ich sehr gern Lernsoftware, was ich ja momentan ausgiebig tun darf. Auch die Arbeit mit der ABC-Selbsthilfegruppe macht mir viel Spaß und ist mir sehr wichtig. Dort kümmere ich mich um Website, Gestaltung, Druckvorlagen, sowie um Fortbildungen zu PC und Internet.


3.) Wie sehen Sie / siehst du die Zukunft in diesem Bereich, bzw. was ist Ihrer/deiner Meinung nach derzeit das dringlichste Problem?

An den beiden Hauptproblemen - allgemeine Finanzierung der Arbeit und Erreichen der Zielgruppe - wird sich meiner Einschätzung nach kurzfristig nichts ändern, auch deshalb, weil sie sich teilweise gegenseitig bedingen. Es wird auch weiterhin Beharrlichkeit beim Bohren dicker Bretter gefragt sein. Bei der konkreten Arbeit in den Kursen wird "Web Literacy" als vierte Grundbildungskompetenz sicherlich an Bedeutung gewinnen. Das bedeutet, dass entsprechende Angebote geschaffen werden müssen.


4.) Was möchten Sie / möchtest du dem beruflichen Nachwuchs mit auf den Weg geben?

Sich einlassen auf die Leute, möglichst auf Augenhöhe, es lohnt sich in mehrfacher Hinsicht. Außerdem stets an die Balance denken: Einerseits immer auch selber lernen und sich für neue Entwicklungen interessieren: »Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit!«
Andererseits den Blick fürs Wesentliche nicht verlieren: »Weniger ist oft mehr!«


5.) Was ist Ihr / dein Lieblingswort?

Oh, das ist schwer, da könnte ich lange drüber sinnieren. Ich habe ein Faible für altmodische oder mundartliche Schimpfwörter, wie z.B. "Dösbaddel", weil die meist nicht so aggressiv, sondern beinahe liebevoll klingen.

Authentische Texte im Alpha-Unterricht

In meinem Alpha-Integrationskurs (6.Modul) setzen wir das Lehrwerk "Erste Schritte - Vorkurs" ein und haben im 6. Kapitel gerade die Strukturen "ich mache gern" geübt. "Ich fahre gern Fahrrad." oder "Ich koche nicht gerne." usw. Dazu ist mir dann in der letzten Woche ein wunderbarer Text in die Hände gefallen, in dem gerade diese Struktur häufig vorkommt und der eine gute, authentische Ergänzung zu unserem Lehrwerkalltag darstellt.

In dem Buch "Ich bin keine Schreibmaschine" werden Texte von deutsch sprechenden funktionalen An-Analphabeten zusammen mit Fotografien der Betroffenen abgedruckt. Sie wurden vom AOB herausgegeben. Ich habe meinen Kursteilnehmern also erzählt, dass es auch viele deutsche Muttersprachler gibt, die Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben (eine Info, die man ja sowieso und immerzu in der Öffentlichkeit verbreiten sollte, da sie so wenig im Bewusstsein der Menschen ist).

Den Text, den ich gewählt habe, ist der von Thomas (S.30/31). Er ist recht klein gedruckt, aber ich habe ihn mit Absicht nicht vergrößert kopiert, um eben auch das Lesen der kleineren Schriftart zu beüben. Die TN hatten damit kaum Probleme. Gut zu wissen!
Der Text ist von einem Lerner in einer einfachen Sprache verfasst, und besteht überwiegend aus Hauptsätzen und sich wiederholenden Strukturen. Die Struktur "Ich ... gerne..." kommt 8-mal vor.

Ich habe den Text zunächst in Stillarbeit lesen lassen. Da kann sich jeder in seinem Tempo ohne Druck mit dem Text auseinandersetzen. Ich habe die Teilnehmer gebeten, Wörter, deren Bedeutung sie nicht kennen, an die Tafel zu schreiben. Es gab schon recht neuen und unbekannten Wortschatz und lange Wörter, wie "Ventilator", "Schlachtensee" (für Nicht-Berliner: das ist der Name eines Sees bei uns), "Wohngemeinschaft", usw. Danach habe ich ein Arbeitsblatt ausgeteilt, auf dem nur die Bilder abgedruckt waren: Cliparts von einem Ventilator und einem See, usw. "Wohngemeinschaft" schien etwas schwierig visuell darstellbar, aber ich habe ein Bild von einer Wohnung und ein Bild von mehreren Menschen (deutlich keine Familie) zusammengetan. Die Teilnehmer mussten nun Wörter und Bilder zuordnen und greifen dabei auf Strategien zurück: "Ventilator" heißt z.B. in Portugisisch ähnlich, der See passt zu dem Wort "Schlachtensee", die abgebildete Wohnung macht zusammen mit dem Wort "Wohngemeinschaft" Sinn. Zusammen klären wir abschließend die Wörter.

Danach gab es ein Arbeitsblatt mit Fragen zum Text. Jetzt, wo alle Wörter klar sind, gehen die Teilnehmer noch einmal in Einzel- oder Partnerarbeit den Text durch und beantworten die Fragen. Wir kontrollieren die Fragen zusammen und lesen den Text Satz für Satz - wobei ich, wenn das notwendig sein sollte, die Sätze paraphrasiere und erkläre.

Dann legen alleTeilnehmer die Texte weg und sie versuchen, sich gemeinsam an so viele Details wie möglich zu erinnern. Diese Details werden an der Tafel als Wortigel festgehalten. Wenn niemandem mehr etwas einfällt, dürfen wir zurück in den Text schauen: Haben wir etwas vergessen? Was?
Ich bitte die Teilnehmer dann, alle Verben im Text anzustreichen. Das klappte interessanterweise jetzt auch bei denen gut, die mit grammatischen Phänomenen sonst oft Schwierigkeiten haben. Sicherlich lag das daran, dass die meisten Sätze einfach gehalten und als Hauptsätze mit Verbzweitstellung geschrieben wurden. Wir markieren dann auch das Wort "gerne" und zeigen noch einmal, dass es in den allermeisten Fällen nach dem Verb steht.

Man kann die Unterrichtseinheit dann mit spannenden Diskussionen beenden: Wo geht es den Teilnehmern ähnlich wie Thomas, wo geht es ihnen anders? Vielleicht schreiben sie auch 4-5 Sätze über sich - was sie gerne machen, was ihre Familie macht, welches Verhältnis sie zu ihnen haben.

Fazit: Texte von Lernern sind eine wahre Fundgrube zur Unterrichtsgestaltung. Sie sind authentisch und einfach genug, damit Anfängerkurse sie verstehen können. Einen richtigen langen Text in kleiner Schrift lesen und verstehen zu können, war für meine Teilnehmer ein großer Motivationsschub. Es gibt unzählige Möglichkeiten, diese Texte aufzubereiten und kleine Aufgaben zu gestalten.

Texte von Lernern finden Kursleiter und andere Interessierte auch in der ABC-Zeitung der Oldenburger Selbsthilfegruppe oder die Lerner-Zeitung des Vereins Lesen und Schreiben e.V.

Akteure der Alphabetisierung: Andreas Brinkmann

Andreas Brinkmann


1.) Warum haben Sie sich / hast du dich dazu entschieden, im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung zu arbeiten?
Weil ich Alphabetisierung als Fundament der Bildungsarchitektur sehe. Das ist ein wichtiges und leider oft zu wenig beachtetes Handlungsfeld wo man unbedingt ran muss! Benachteiligtenförderung zieht sich durch meine Biografie, bringt viele pädagogische Erfolge und macht Spaß – auch wenn es natürlich manchmal arbeitsaufwändig ist.
2.) Welche Tätigkeit hat Ihnen/dir bisher in diesem Bereich am meisten Spaß gemacht?
Der Unterricht mit Strafgefangenen in der JVA Münster ist absolut klasse. Die Teilnehmer sind sehr motiviert, gerade heraus, neugierig und mit Spaß bei der Sache. Hier erlebe ich sinnstiftende Arbeit live und in Farbe. Ich bin mal so frei und beschreibe noch eine zweite Situation: Mit einem Betroffenen, der von seinen Erfahrungen aus einer Welt ohne Schrift und seinen Erfolgen berichtet in der Halbzeitpause vor 50.000 Zuschauern in ´nem Fußballstadion auf dem Spielfeld zu stehen und gemeinsam für Alphabetisierung zu werben, das war eine verdammt prickelnde Sache!
3.) Wie sehen Sie / siehst du die Zukunft in diesem Bereich, bzw. was ist Ihrer/deiner Meinung nach derzeit das dringlichste Problem?

Ich finde beim Wahr- und Ernstnehmen des Problems funktionaler Analphabetismus ist bildungspolitisch noch deutlich Luft nach oben. Neben neuen Kursinhalten und „herausreichenden“ Angeboten, die in Sportvereinen, Nachbarschaftszentren, Kirchengemeinden, Gefängnissen, Familienzentren usw. angeboten werden sollten verlässlichere Rahmenbedingungen für die Akteure geschaffen werden. Für viele ist es langfristig schwierig, jahrzehntelang ehrenamtlich, auf Honorarbasis und noch dazu oft befristet zu arbeiten. Ich glaube dass es sehr wichtig ist, langfristig engagierten Nachwuchs zu finden und aufzubauen und Projekte langfristiger zu bewilligen oder zu entfristen.

4.) Was möchten Sie / möchtest du dem beruflichen Nachwuchs mit auf den Weg geben?
Engagiert euch in diesem spannenden Feld! Das ist für die Lernenden und für euch persönlich bereichernd, politisch und ökonomisch wichtig und bringt eine Menge spannender Erfahrungen und Erfolgserlebnisse!
5.) Was ist Ihr / dein Lieblingswort?
Mein Lieblingswort wird leider gerade abgeschafft: Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz! Nein mal im Ernst: Bildung. Da steckt so ziemlich alles Wichtige drin.

Akteure der Alphabetisierung: Ralf Beekveldt


Ralf Beekveldt

  • Ralf Beekveldt ist Verleger für Bücher und Zeitungen in Leichter und Einfacher Sprache. Er ist Gründer und Inhaber verschiedener Verlage in mehreren europäischen Ländern.
  • 1994 gründete er seinen ersten Verlag in Amsterdam Eenvoudig Communiceren (Etwa: Einfach Kommunizieren).
  • 2009 folgte die Gründung des Spaß am Lesen Verlages in Münster und der Start der leicht lesbaren Zeitung Klar und Deutlich.
  • Ende 2009 erschien mit dem Krimi Hitzewelle das erste vereinfachte Buch im Spaß am Lesen Verlag.
  • Seitdem sind neun Bücher erschienen. Gerade sind Romeo und Julia und der Krimi Rache in Einfacher Sprache erschienen.
 
1.) Warum haben Sie sich / hast du dich dazu entschieden, im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung zu arbeiten?

Mit meinen Verlagen gebe ich Bücher und Zeitungen für Menschen mit Leseschwierigkeiten heraus. Nicht alle unsere Leser sind (funktionale) Analphabeten. Angefangen habe ich vor 20 Jahren in den Niederlanden mit Büchern für Menschen mit geistiger Behinderung. Denn ich finde: Auch sie sollen tolle Bücher lesen können. Dann habe ich gemerkt, dass es noch viele weitere Menschen gibt, für die einfache Bücher gut sind. Denn es gibt mehr Menschen mit Leseschwäche, als man denkt.
Ganz viele von ihnen sind normal intelligent und interessieren sich für die gleichen Dinge wie du und ich. Nur sie können nicht so gut lesen. Ihnen Teilhabe an guten Geschichten und gesellschaftlichen Themen zu ermöglichen, das ist mein Antrieb.

2.) Welche Tätigkeit hat Ihnen/dir bisher in diesem Bereich am meisten Spaß gemacht?

Es ist immer wieder eine spannende Herausforderung für mich Bücher und Zeitungen in eine schöne und dennoch einfache Sprache zu bringen. Damit möchte ich möglichst viele Menschen erreichen und Ihnen Spaß am Lesen vermitteln. Ich schreibe zwar nicht mehr selbst, aber wenn ich ein gelungenes Buch in Einfacher Sprache in der Hand halte, macht mir das viel Freude.


3.) Wie sehen Sie / siehst du die Zukunft in diesem Bereich, bzw. was ist Ihrer/deiner Meinung nach derzeit das dringlichste Problem?

Das langfristige Ziel soll es sein, verständliche Kommunikation auf allen Ebenen zu ermöglichen. Mit unseren Büchern und Zeitungen können wir einen kleinen Beitrag leisten. Wichtig ist aber, dass ein allumfassendes Verständnis von einfacher Kommunikation entsteht. Gerade Behörden und Unternehmen müssten eigentlich ein großes Interesse daran haben. Denn mit komplizierter Sprache verstehen viele Menschen ihre Botschaften einfach nicht. In letzter Zeit ist auf diesem Weg schon einiges passiert. Und es ist gut dass sich etwas bewegt.
Von entscheidender Bedeutung ist aber, dass wir nicht der Versuchung erliegen, Einfache Sprache als ein Thema nur für Menschen mit geistiger Behinderung zu sehen.
Einfache Sprache hat einen Nutzen für die gesamte Gesellschaft – denn wenn alle alles verstehen, ist es für alle einfacher.

4.) Was möchten Sie / möchtest du dem beruflichen Nachwuchs mit auf den Weg geben?

Einfache Sprache besitzt eine motivierende Kraft. Vor allem für Schüler und Lerner, die sich schwer tun, bietet sie Leseanreize. Wer gern liest, liest öfter. Wer viel liest, lernt besser lesen. Wer gut lesen kann, liest gern. Wir nennen das die Spirale des Lesens. Nutzen Sie diese Kraft.


5.) Was ist Ihr / dein Lieblingswort? 

Ich habe jeden Tag ein bestimmtes Wort im Kopf. Es ist jedes Mal ein anderes Wort. Das ist dann ein Wort das ich gerade gehört oder gelesen habe, zum Beispiel im Radio oder in der Zeitung. Oft ist es ein Fremdwort. Zum Beispiel der Name einer Stadt in Asien,  ein russischer Geschäftsmann oder ein Wort mit einem musikalischen Klang. So ein Wort steckt dann stundenlang in meinem Kopf, gefangen wie ein Fliege im Spinnennetz, die versucht raus zu kommen und die nach einem Tag weg fliegt.