Expolingua 2012

Heute geht die Expolingua zuende, die Internationale Messe für Sprachen und Kulturen in Berlin. Ich war am Freitag da und habe mir die 130 Aussteller aus 25 Ländern angeschaut.

Wie immer bei Messen tritt man erst einmal in ein großes Gewusel von bunten Plakaten, Stimmen, Ausstellerkabinen, Hinweisschildern, Ausstellern, Besuchern und - zumindest an einem Freitag Vormittag - ganzen Busladungen von Schülern und Schülerinnen. Aber das Messeprogramm hilft schnell bei der Orientierung und man kann sicherstellen, dass man keine wichtige Station verpasst.

Natürlich waren die "üblichen Verdächtigen", die Großen aus dem Sprachenbereich, dabei: die Berliner Volkshochschulen, die telc GmbH, der DAAD oder die Deutsche Welle. Dazu kamen Bundesorganisationen (das Bundessprachenamt, der Bundesverband für Dolmetscher und Übersetzer, das Bundesverwaltungsamt Auslandsschulwesen,...), Botschaften und Kulturinstitute. Das Bild der Messe wurde aber bestimmt durch Sprachschulen und Anbietern von Sprachreisen, Austauschprogrammen oder Praktikumsvermittlung.

Ich war aber vor allem gekommen, um bei den Verlagen und Anbietern von Sprachsoftware nach neuen Ergänzungsangeboten für den Unterricht zu suchen. Spontan gut gefallen hat mir in diesem Bereich z.B. der Wortschatztrainer Phase 6 eine "Optimierung der 5-Fächer-Lernbox für den Computer". Da steht auf jeden Fall ein Praxistest in einem der nächsten Blogposts ins Haus - ich wollte doch schon immer meine schon längst vergessenen Türkischvokabeln auffrischen und kann mir dabei überlegen, wie und ob die Software auch in Deutschkursen einsetzbar ist.

Auf den ersten Blick auch sehr interessant (nicht nur, weil es kostenlos abrufbar ist): L-Pack: Citizenship Language Pack for Migrants in Europe, das von der Volkshochschule Cham in Bayern vorgestellt wurde. Hier kann man 60 Kurzvideos mit Dialogen zum Alltagsleben, Audio-Dateien und Übungen ab dem Level A2 auswählen und einsetzen. Auch das muss bald mal ausgetestet werden!

Und schließlich noch ein Tipp für diejenigen Geisteswissenschaftler/innen unter uns, die noch den Traumjob suchen: Jarocco ist eine Datenbank speziell für Akademiker aus den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. Es ist zwar kostenpflichtig, aber durchaus erschwinglich und sein Geld wirklich wert, denn es werden die schönsten und nur die relevanten Stellen eingestellt. Und das in großer Menge und 7 Tage die Woche.


So, das waren einige kleine Snippets der diesjährigen Expolingua - und ich habe nach einem langen Messetag vollbepackt mit Flyern und Materialien und Ideen den Heimweg angetreten... Obwohl mich die vielen Schüleraustauschprogramme und Sprachreisen persönlich nicht sehr interessiert haben, hat sich der Ausflug doch durchaus gelohnt.




What is... Interkultur?

Quelle: Flickr (sulamith.sallmann)
Was Interkultur eigentlich ist wurde mir, wie es sich gehört, schon in der Einführungsvorlesung des Studiengangs "Interkulturelle Wirtschaftskommunikation" beigebracht.
Das Beispiel unseres Professors damals ist eins dieser Dinge, die mir vom Studium wohl immer in Erinnerung bleiben. Aus gegebenem Anlass habe ich letztens daran gedacht und möchte es hier teilen:

Stellen Sie sich zwei Menschen aus zwei unterschiedlichen Kulturen vor. Nehmen wir an, in der einen Kultur ist es üblich, sich die Hände zu schütteln, in der anderen nicht. Beide wissen jedoch voneinander, was in der jeweils anderen Kultur Sitte ist. Soweit klar? Interkultur ist nun das, was passiert, wenn diese zwei Menschen aufeinander treffen und sich begrüßen wollen. Was passiert? Besteht der eine darauf, dass in seiner/ihrer Kultur die Hände geschüttelt werden? Oder passt er/sie sich an die andere Kultur an? Passen sich beide sich an den jeweils anderen an?

Die Anwort ist nicht vorhersagbar. Wir können vorher nicht einschätzen, wer wem und ob überhaupt die Hände geschüttelt werden. Und so ist das auch mit der Interkultur - es ist weder die eine, noch die andere Kultur, es kann eine Mischung aus beiden sein, muss es aber nicht. In einem Aushandlungsprozess entsteht ein unabhängiges Drittes. Ein Ereignis, nur als Prozess denkbar; es wird permanent neu erzeugt.


Quelle: basierend auf der Vorlesung "Einführung in die interkulturelle Wirtschaftskommunikation", Prof. Jürgen Bolten, Uni Jena

Tagung in Königswinter: "Rahmencurriculum und Kurskonzept für eine abschlussorientierte Grundbildung"

Quelle: bildungsverband.info
Alphabetisierung und Grundbildung haben eine besondere Stellung in der deutschen Bildungslandschaft. Diese Aussage ist nicht so positiv gemeint, wie sie klingt, aber sie ist auch nicht ausschließlich negativ gemeint. Nur eben so, dass in der Alphabetisierung/Grundbildung vieles anders ist. Zum Beispiel gibt es nur wenig Möglichkeiten zur Kursleiterqualifizierung; Alphabetisierung/Grundbildung sind nur wenig bis gar nicht Teil eines Lehramts- oder DaF-Studiums; es gibt vergleichsweise wenig Lehrwerke und Materialien, und vieles mehr. Und ein standardisiertes Rahmencurriculum, kaum wegzudenken aus Schule und Integrationskurs (wieder soll in der Aussage weder ein positiver noch negativer Tonfall mitschwingen), gibt es auch noch nicht. Das aber soll sich ändern, da das Team um PD Dr. Angela Rustemeyer seit Januar 2012 und bis 2014 an einem "Rahmencurriculum für die abschlussorientierte Grundbildung" arbeitet. Ergebnisse wurden jetzt auf einer Tagung in Königswinter (09./10.10) vorgestellt.

Hier eine kurze Zusammenfassung von Inhalten, so wie ich sie auf dem Tagungsbesuch wahrgenommen habe.
  • Die Inhalte des Rahmencurriculums basieren auf den Inhalten der lea.-Diagnostik.
  • Das Curriculum wird die Fähigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen auf den Leveln Alpha1-Alpha4 (z.T. auch Alpha5) enthalten - ein besonderer Bezug zum Berufsleben (Altenpflegehilfe, Metallverarbeitung) ist vorgesehen.
  • Eine feste ExpertInnengruppe von Alphabetisierungslehrenden, die schon lange in der Alphabetisierungspraxis stehen, kooperiert mit dem Projektteam.
  • Das Rahmencurriculum ist "abschlussorientiert", d.h. beinhaltet den Erwerb von Zertifikaten und die Durchführung von Tests.
  • Es kleinschrittig angelegt, so dass auch minimale Lernziele dokumentierbar sind.
  • Es zielt darauf ab, neue Lernende zu gewinnen: Lernende auf Alpha3-Level und Jugendliche im Übergang Schule-Beruf.
  • Zusätzlich zum Curriculum sind geplant: Lehrwerk, Kurskonzept, Fortbildung (als Modul in ProGrundbildung), Prüfungen (Kooperation mit TELC), Verlinkung mit dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen.
  • Die sozialpädagogische Seite soll im Kurskonzept berücksichtigt werden, aber nicht Teil des Unterrichts sein.
  • Das Rahmencurriculum soll ausdrücklich nicht zur Klassifizierung und Selektion von Lernenden benutzt werden. Das Projektteam betont die Individualität des einzelnen Lerners und des jeweiligen Lernprozesses. Ergebnisse sollen keine Sanktionen bedeuten.
    (Allerdings: wie können genau diese Entwicklungen überhaupt verhindert werden?)
In der zweiten Hälfte des nächsten Jahres ist eine Erprobungsphase geplant. Ganz verschiedene Träger mit verschiedenen Kursformaten können sich für eine solche Erprobung zur Verfügung stellen.

"Wandel von Lehr- und Lernmaterialien" - bildungsforschung

QUelle: bildungsforschung.org
Da werde ich nostalgisch: die große Geo-Karte mit den Ländern Europas (ohne Beschriftung), an der wir Länder und Hauptstädte finden sollten. Der riesige Plastezirkel, an dem man Kreide anbringen konnte. Das lange Holzlineal, das wahlweise auch zum Zeigen (auf besagte Geo-Karte oder auf Schüler) verwendet wurde. Und natürlich "Chatterbox", mein allererstes Englischlehrbuch mit der androgynen Captain Shadow und Zero, ihrem zotteligen Hund.

Die Schule der Zukunft dagegen stellen ich mir wie aus Science Fiction Filmen vor: mit holografischen Karten, die vor einem schweben, und die diverse Piepsgeräusche von sich geben. Und mit Sprachsteuerung. Und Bücher gibt's schon lange nicht mehr.

Und was liegt dazwischen? Google Maps und Tablet-Computer? Dieser Frage widmet sich die neue Ausgabe "bildungsforschung" zum Thema "Wandel von Lehr- und Lernmaterialien". Sie kann hier kostenlos eingesehen und heruntergeladen werden. Besonders interessant finde ich den Beitrag von Monika König und Martin Ebner zur vergleichenden Analyse vom traditionellen Schulbuch und neuen E-Book Formaten.

Weitere Berichte zur Fachtagung des BVAG

Schnell noch zwei weitere Berichte über die 10. Fachtagung des Bundesverbands für Alphabetisierung und Grundbildung.

Hier der offizielle Tagungsbericht des Bundesverbands.
Quelle: alphabetisierung.de


Und hier der Bericht des Oldenburger ABC-Projekts.
Quelle: abc-projekt.de