Unterrichtsideen: Alphabetisierung auf Buchstabenebene



Quelle: Flickr (sulamith.sallmann)

Hier soll eine Sammlung von Ideen zum Einsatz im Alphabetisierungsunterricht entstehen. Die Liste wird laufend ergänzt. Über weitere Ideen und Vorschläge von Ihnen und Euch freue ich mich (per mail oder als Kommentar). Diese Übungen sind nicht neu - Sinn dieser Liste ist eher ein Zusammentragen und Überblick schaffen.
Beginnen will ich zunächst mit Übungen auf der Buchstabenebene:


-          eine Reihe von Buchstaben vorlesen, TN klopfen oder heben die Hand, wenn sie A hören
o        schwieriger: TN machen einen Strich in ihr Heft – am Ende wird verglichen wieviele A vorkamen
-          A in einer Reihe von Buchstaben (geschrieben) erkennen und markieren
o        stärkere Lerner: mehr Buchstaben / große und kleine Buchstaben gemischt / bei richtigen Wörtern statt Buchstabenreihen: lesen üben
-          A schreiben üben
o        stärkere Lerner: ein Wort vorgeben (z.B. Ananas), was sie abschreiben üben
-          Welche Wörter (auch in Gruppen: Welche Lebensmittel / Länder / ...) mit A kennt ihr?
o        im Plenum sammeln, KL schreibt an, weitere Binnendifferenzierung nicht notwendig
-          Wo hört ihr A: am Anfang / in der Mitte / am Ende des Wortes?
o        im Plenum, aber einzeln aufrufen – schwierigere Wörter für stärkere Lerner
-          Kontrastierung (bes: E/I, O/U): Hört ihr ein E oder ein I am Anfang (Mitte, Ende) des Wortes? (Anlaut, Inlaut, Auslaut)
o        im Plenum, aber einzeln aufrufen – schwierigere Wörter für stärkere Lerner
-          A / Wörter mit A aus der Zeitung ausschneiden und aufkleben
-          Lückenwörter: TN ergänzen A
o        gemeinsame Kontrolle an der Tafel; stärkere Lerner: größere Lücken, mehr Buchstaben fehlen
-          Wort an die Tafel schreiben und einen / mehrere Buchstaben wegwischen - TN müssen zuerst alleine in ihren Heften und dann an der Tafel einsetzen
o        Binnendifferenzierung: u.U. können fortgeschrittene Lerner selbst die Wörter an der Tafel vorgeben, bzw. mit dem Rücken zur Tafel sitzen, so dass sie das gesamte Wort aufschreiben müssen
-          Buchstabenkärtchen: Buchstaben zeigen - TN lesen vor, Buchstaben sagen – TN zeigen das entsprechende Kärtchen; Silben bilden – Silben vorlesen lassen, kleine (Nonsens)Wörter bilden und vorlesen lassen, Buchstaben nach Mitlauten und Selbstlauten sortieren, Wörster bilden und dann die Buchstaben vermischen – von TN erneut legen lassen
o        entweder in Partnerarbeit oder in Gruppen: stärkere Lerner spielen alleine; schwächeren Lernern gibt KL die Wörter oder Silben vor
-          viele Buchstabenkärtchen gemischt in eine Reihe legen: TN würfeln und gehen mit einer Spielfigur auf den Buchstaben vorwärts und lesen den Buchstaben vor, auf dem sie landen – wenn es stimmt, dürfen sie auf dem Feld bleiben, wenn nicht, müssen sie wieder zurück
o        stärkere TN sagen ein Wort, dass den jeweiligen Buchstaben im Anlaut hat
-          Wörter vorlesen – TN zeigen auf Kärtchen die Buchstaben, die sie erkennen
o        schwächere TN bekommen weniger Buchstaben zur Auswahl, auf die sie sich dann konzentieren
-          Bilderkarten nach Anlaut ordnen
o        stärkere TN: mehr Bilder
-          gemeinsames Diktat: ein TN sagt einen Buchstaben – alle schreiben, der nächste sagt einen Buchstaben, ...
-   Buchstabenbingo: 4x4 Kästchen, TN tragen in jedes Kästchen einen Groß- oder Kleinbuchstaben ein; KL oder ein anderer TN sagt Groß- und Kleinbuchstaben der Reihe nach an (zur Kontrolle mitschreiben) - die TN streichen die Buchstaben weg, die sie in ihren Kästchen eingetragen haben. Wer als erster alle Buchstaben wegstreichen konnte, gewinnt
-   Übergreifend: Ein Lernsatz wird vorgegeben, die TN zählen (1) die Buchstaben im Satz (2) die Silben im Satz (3) die Wörter im Satz  

ergänzt von Almut Schladebach (www.alpha-fundsachen.de)
- Wörter werden vorgegeben, in denen Lücken für bestimmte Buchstaben gelassen werden - TN sollen einsetzen (dabei besonders für kontrastive "Problembuchstaben" geeignet, wie z.B. e und ä; e und i, o und u, äu und eu, i und ie, v und f)
- Wörter werden in einer Liste langen oder kurzen Selbstlauten zugeordnet
 

Happy Birthday, ZusammenLernen!

ZusammenLernen ist heute ein Jahr alt geworden und hat eine Kerze angezündet bekommen.

Was mehr als ein Notizblock für mich selbst begann, hat nun eine richtige Fangemeinde bekommen. Grund genug also, euch und Ihnen allen fürs Lesen, Verlinken und Weitersagen zu danken!

Unbelehrbar...

"Unbelehrbar", ein Film der Regisseurin Anke Hentschel über den Wunsch einer Frau, lesen und schreiben zu lernen.
 Unbelehrbar - wer ist das eigentlich? Die Protagonistin, die nicht lesen und schreiben kann? Oder ist es ihre Familie, die ihre Frau und Mama in ihrem Lernwunsch nicht unterstützt, sondern gegen sich gegen die Veränderung stellt? Oder ist es nicht im weitesten Sinne die Gesellschaft, die immer wieder kleine und große Steine in den holprigen Lernweg einer Lese- und Schreibschwachen wirft?

Aber fangen wir von vorne an. In dem Film geht es um Ellen, eine 40-jährige Brandenburgerin, die lesen und schreiben lernen möchte. Weil in ihrer lokalen Volkshochschule kein Kurs angeboten wird, macht sie sich gegen den Willen ihrer Familie auf den Weg in die Hauptstadt und in ein Leben mit der Schriftsprache. Dabei tun sich jede Menge Schwierigkeiten auf, doch Ellen kämpft, von einer inneren Notwendigkeit getrieben und bis in die letzte Konsequenz...

Der Film wurde am Samstag im Rahmen des Filmfestivals für Menschenrechte und Medien, One World Berlin, gezeigt und anschließend in einer Podíumsdiskussion besprochen. Dabei waren Peter Neumicke, Lerner, Dr. Eva-Maria Bosch, Leiterin des Referats "Lebenslanges Lernen, Weiterbildung, politische Bildung" des Brandenburgischen Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport, und die Regisseurin Anke Hentschel; die Moderatorin übernahm Bettina Hildebrand, Deutsches Institut für Menschenrechte.

Ein paar Punkte aus der Diskussion:
Die große Mehrheit der funktionalen Analphabeten versteckt sich - und schafft es, sich zu verstecken, wie Frau Hentschel betonte, weil sie sich als als ausgesprochen kluge und kreative Menschen Kompensationsstrategien haben einfallen lassen. Das sollte und muss anerkannt werden. Lerner/innen können von schriftsprachlichen Menschen lernen, aber genauso können "Schriftsprachler" von der Kreativität und Gewitzheit von Lese- und Schreibschwachen lernen. Ein Geben und Nehmen bringt allen Beteiligten etwas.

Eine Zuschauerin, die in der Entwicklungshilfe arbeitet, zeigte sich entsetzt von den Zahlen zum funktionalen Analphabetismus (7,5 Mio, das sind 14% der Gesamtbevölkerung) in Deutschland. Deutschland ist in diesem Bereich tatsächlich noch ein Entwicklungsland - ähnlich wie andere europäische Länder, aber das macht die Situation nicht besser.

Diskutiert wurden auch die Gründe, warum eine Lese- und Schreibschwäche überhaupt entsteht. Diese Gründe wurden im Film nicht thematisiert. Sie sind individuell unterschiedlich (vgl. dazu auch mein Blogentry), aber es wurde u.a. erwähnt, dass Lese- und Schreibschwierigkeiten in der Grundschule schon nicht erkannt werden. Hier müssen gerade die Lehrer/innen noch besser informiert werden.

Es wurden noch viele Punkte angesprochen - und es zeigte sich bei den Betroffenen auch viel Frustration. Das macht mehr als deutlich, dass in Deutschland noch Einiges an Sensibilisierungsarbeit getan werden muss - hoffentlich kann der Film seinen Teil dazu beitragen...

Was niedrigschwellige Kurse so besonders spannend macht...

Während und nach meinem DaF/DaZ Studium habe ich verschiedene Kurse mit verschiedener Teilnehmeranzahl und verschiedenen Sprachständen unterrichtet. Nach meinem ersten Integrationskurs mit Alphabetisierung war mir klar, dass es besonders die niedrigschwelligen (Integrations-)Kurse mit lernungewohnten Teilnehmern/innen sind, die mir besonderen Spaß machen. Neulich habe ich mich gefragt, warum das eigentlich so ist. Und das ist dabei herausgekommen:
  1. Das Unterrichten in niedrigschwelligen Kursen gibt mir das Gefühl, wirklich einen Unterschied im Leben von Menschen zu machen - und zwar einen ganz fundamentalen Unterschied. Wer z.B. nicht ausreichend lesen und schreiben kann, kann nicht angemessen an der Gesellschaft teilhaben. Genauso ist es, wenn man in einem Land lebt, in dem man die Sprache nicht versteht. In anderen Kursen ist das anders: ob ein irischer Bankmitarbeiter nun Deutsch sprechen kann, oder nicht, wird dessen Lebensqualität nicht entscheidend beeinflussen. 
  2. Ich bin neugierig auf die Menschen, deren Leben so viel anders ist, als meines. Dabei wird es für mich immer wieder deutlich, dass die Kursteilnehmer/innen große Fähigkeiten und Kenntnisse in den verschiedensten Bereichen haben. Geringe Sprachkompetenzen sind kein Maß, an dem man einen Menschen messen darf. M., zum Beispiel, hat in El Salvador einen Bürgerkrieg überlebt, sie hat mit 15 ihr erstes Kind und mit 40 ihr letztes Kind bekommen, sie hat Heimat und Familie zurück gelassen – und sie hat trotzdem durchgehalten und sich eine große Lebenslust bewahrt. Sie ist eine großartige Köchin, Tagesmutter und Malerin, und sie ist nur ein Beispiel von vielen. Ich kann selbst so viel von den Kursteilnehmern/innen lernen.
  3. Es ist für mich eine besonders spannende Herausforderung, nicht ‚nur’ die Sprache so zu unterrichten, wie ich es selbst beim Erlernen einer Fremdsprache erlebt habe. Statt dessen kann ich in Bereiche vordringen, die für einen schriftsprachlichen Menschen so sehr schwer vorstellbar sind: Wie ist es, nie auf die Schule gegangen zu sein und daher weniger in Strukturen und Regelhaftigkeit zu denken?  
  4. Ich finde es auch interessant, beim „Schriftsprachentdeckungsprozess“ dabei zu sein und Aha-Erlebnisse mitzubekommen: „Ich bin so lange an diesem Schild vorbeigelaufen, jetzt weiß ich, was es bedeutet“. Für mich gibt es nichts Schöneres, als ein ehrliches „Ach so ist das, jetzt verstehe ich das endlich!“
Das alles mag idealistisch klingen, und soll nicht bedeuten, dass im niederschwelligen Kursalltag alles Sonnenschein ist. Lernerfolge gibt es durchaus, aber das Erlernen einer Sprache oder eines Schriftsprachsystems vollzieht sich sehr langsam - manchmal frustrierend langsam. 

Außerdem haben viele Lerner/innen schwere Geschichten durchgemacht, die sie teilweise in den Kursen verarbeiten. A., z.B., hat starkes Heimweh nach seiner Heimat in Samoa, M. weint bei einem Film über die Wiedervereinigung, weil sie sich an ihre eigenen Gewalterfahrungen in einem Bürgerkrieg erinnert. Die meisten bedrücken finanzielle, gesundheitliche, soziale Probleme (Schulden, Süchte, Streitigkeiten innerhalb der Familie), und es kann zu zwischenmenschlichen oder interkulturellen Auseinandersetzungen innerhalb des Kurses kommen. Allerdings sind letzlich auch das Lernanlässe und Teil der Integration, wenn man es so nennen will, und der individuellen Entwicklung des Lerners/in.

2. Berliner Sprachenforum

Die Sprachenmesse war am Samstag noch in vollem Gange, da kam auch schon die nächste Veranstaltung dazu: das Berliner Sprachenforum, eine ganztägige Veranstaltung mit Fachvortrag und drei Workshops. Für diejenigen Kollegen, die deutschlandweit angereist kamen, war das Sprachenforum zusammen mit der Expolingua sicherlich eine praktische Kombination. Die Veranstaltung war im lauschigen Jagdschloss Glienicke gelegen, so dass man beim Workshop schon mal von der hübschen hölzernen Wandvertäfelung abgelenkt werden konnte.

Aber wir waren ja nicht zum Vergnügen da, obwohl der einleitende Vortrag von Prof. Dr. Dieter Stein "Weltsprache Englisch heute - Status, Struktur, Norm" durchaus sehr unterhaltsam war. Das lag m.E. daran, dass Wissenschaft und Praxis hier wunderbar verbunden waren. Nach einem kurzen Exkurs in die Geschichte der englischen Sprache und deren Rollenwandel (von der Beeinflussten zur Beeinflusserin), kam auch schon der wichtigste Punkt des Vortrags, die Demystifizierung des britischen Englischs als das einzig wahre und korrekte Englisch. British English (BE) galt und gilt in Schulen und anderen Sprachkursen immer noch als DAS Englisch, was wir unseren Lernern vermitteln sollten. American English - wenn es denn unbedingt sein muss - wird auch noch toleriert, aber alles andere ist nicht korrekt.

Prof. Steins klare Haltung dazu: die Einteilung in gutes vs. schlechtes Englisch ist nicht mehr aktuell. In über 50 Staaten der Welt wird Englisch als offizielle Sprache gesprochen - und überall existiert die Sprache in einer regionalen Ausprägung, die sich z.B. auch als Signal der Unabhängigkeit und Andersheit bewusst von BE als dem kolonialen Englisch absetzt. Das bedeutet letzlich, dass die Entscheidung für eine Varietät des Englischen auch eine politische Aussage ist. Englisch transportiert ein "kulturelles Marschgepäck" - und BE ist oft assoziert mit Kolonialismus und den Gefühl der Überlegenheit und Arroganz. Dieses Bewusstsein müssen wir unseren Lernern auch vermitteln. In internationalen Geschäftsverhandlungen kann ein deutscher Akzent u.U. Missverständnisse und Animositäten verhindern und damit "besser" sein als received pronunciation.

Prof. Stein will aber nicht den Eindruck vermitteln, dass nun in der englischen Sprache wahllos alles möglich und erlaubt ist. Ganz im Gegenteil: in der Grammatik sollte man genau bleiben. Aber auch hier sind grammatische Formen möglich, die im BE nicht korrekt sind.

Danach kamen die Workshops; ich hatte mich für die Vorstellung des neuen DaZ-Alphabetisierungslehrwerks "Von A bis Z - Alphabetisierungskurs" (Klett) entschieden, das Alexis Feldmeier erstellt hat und das deswegen Qualität versprach. Viele Dinge haben mir gut gefallen - aber an dieser Stelle sei wieder einmal auf einen separaten, ausführlichen Blogeintrag verwiesen, den ich hoffentlich bald in Angriff nehmen werde.

In den folgenden Workshops ging es bei mir um die Prüfungen in den berufsbezogenen Kursen (telc) und den Einsatz des Lehrwerks "Aussichten" (Klett) in Integretionskursen. Bei den Workshops gab es viele Wahlmöglichkeiten, sowohl sprachspezifisch oder sprachübergreifend.

Anschließend gab es als Abendprogramm die Möglichkeit, bei einem Circle Dance mitzumachen - aber ich habe mich auf den Heimweg gemacht.

Expolingua 2012

Heute geht die Expolingua zuende, die Internationale Messe für Sprachen und Kulturen in Berlin. Ich war am Freitag da und habe mir die 130 Aussteller aus 25 Ländern angeschaut.

Wie immer bei Messen tritt man erst einmal in ein großes Gewusel von bunten Plakaten, Stimmen, Ausstellerkabinen, Hinweisschildern, Ausstellern, Besuchern und - zumindest an einem Freitag Vormittag - ganzen Busladungen von Schülern und Schülerinnen. Aber das Messeprogramm hilft schnell bei der Orientierung und man kann sicherstellen, dass man keine wichtige Station verpasst.

Natürlich waren die "üblichen Verdächtigen", die Großen aus dem Sprachenbereich, dabei: die Berliner Volkshochschulen, die telc GmbH, der DAAD oder die Deutsche Welle. Dazu kamen Bundesorganisationen (das Bundessprachenamt, der Bundesverband für Dolmetscher und Übersetzer, das Bundesverwaltungsamt Auslandsschulwesen,...), Botschaften und Kulturinstitute. Das Bild der Messe wurde aber bestimmt durch Sprachschulen und Anbietern von Sprachreisen, Austauschprogrammen oder Praktikumsvermittlung.

Ich war aber vor allem gekommen, um bei den Verlagen und Anbietern von Sprachsoftware nach neuen Ergänzungsangeboten für den Unterricht zu suchen. Spontan gut gefallen hat mir in diesem Bereich z.B. der Wortschatztrainer Phase 6 eine "Optimierung der 5-Fächer-Lernbox für den Computer". Da steht auf jeden Fall ein Praxistest in einem der nächsten Blogposts ins Haus - ich wollte doch schon immer meine schon längst vergessenen Türkischvokabeln auffrischen und kann mir dabei überlegen, wie und ob die Software auch in Deutschkursen einsetzbar ist.

Auf den ersten Blick auch sehr interessant (nicht nur, weil es kostenlos abrufbar ist): L-Pack: Citizenship Language Pack for Migrants in Europe, das von der Volkshochschule Cham in Bayern vorgestellt wurde. Hier kann man 60 Kurzvideos mit Dialogen zum Alltagsleben, Audio-Dateien und Übungen ab dem Level A2 auswählen und einsetzen. Auch das muss bald mal ausgetestet werden!

Und schließlich noch ein Tipp für diejenigen Geisteswissenschaftler/innen unter uns, die noch den Traumjob suchen: Jarocco ist eine Datenbank speziell für Akademiker aus den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. Es ist zwar kostenpflichtig, aber durchaus erschwinglich und sein Geld wirklich wert, denn es werden die schönsten und nur die relevanten Stellen eingestellt. Und das in großer Menge und 7 Tage die Woche.


So, das waren einige kleine Snippets der diesjährigen Expolingua - und ich habe nach einem langen Messetag vollbepackt mit Flyern und Materialien und Ideen den Heimweg angetreten... Obwohl mich die vielen Schüleraustauschprogramme und Sprachreisen persönlich nicht sehr interessiert haben, hat sich der Ausflug doch durchaus gelohnt.




What is... Interkultur?

Quelle: Flickr (sulamith.sallmann)
Was Interkultur eigentlich ist wurde mir, wie es sich gehört, schon in der Einführungsvorlesung des Studiengangs "Interkulturelle Wirtschaftskommunikation" beigebracht.
Das Beispiel unseres Professors damals ist eins dieser Dinge, die mir vom Studium wohl immer in Erinnerung bleiben. Aus gegebenem Anlass habe ich letztens daran gedacht und möchte es hier teilen:

Stellen Sie sich zwei Menschen aus zwei unterschiedlichen Kulturen vor. Nehmen wir an, in der einen Kultur ist es üblich, sich die Hände zu schütteln, in der anderen nicht. Beide wissen jedoch voneinander, was in der jeweils anderen Kultur Sitte ist. Soweit klar? Interkultur ist nun das, was passiert, wenn diese zwei Menschen aufeinander treffen und sich begrüßen wollen. Was passiert? Besteht der eine darauf, dass in seiner/ihrer Kultur die Hände geschüttelt werden? Oder passt er/sie sich an die andere Kultur an? Passen sich beide sich an den jeweils anderen an?

Die Anwort ist nicht vorhersagbar. Wir können vorher nicht einschätzen, wer wem und ob überhaupt die Hände geschüttelt werden. Und so ist das auch mit der Interkultur - es ist weder die eine, noch die andere Kultur, es kann eine Mischung aus beiden sein, muss es aber nicht. In einem Aushandlungsprozess entsteht ein unabhängiges Drittes. Ein Ereignis, nur als Prozess denkbar; es wird permanent neu erzeugt.


Quelle: basierend auf der Vorlesung "Einführung in die interkulturelle Wirtschaftskommunikation", Prof. Jürgen Bolten, Uni Jena

Tagung in Königswinter: "Rahmencurriculum und Kurskonzept für eine abschlussorientierte Grundbildung"

Quelle: bildungsverband.info
Alphabetisierung und Grundbildung haben eine besondere Stellung in der deutschen Bildungslandschaft. Diese Aussage ist nicht so positiv gemeint, wie sie klingt, aber sie ist auch nicht ausschließlich negativ gemeint. Nur eben so, dass in der Alphabetisierung/Grundbildung vieles anders ist. Zum Beispiel gibt es nur wenig Möglichkeiten zur Kursleiterqualifizierung; Alphabetisierung/Grundbildung sind nur wenig bis gar nicht Teil eines Lehramts- oder DaF-Studiums; es gibt vergleichsweise wenig Lehrwerke und Materialien, und vieles mehr. Und ein standardisiertes Rahmencurriculum, kaum wegzudenken aus Schule und Integrationskurs (wieder soll in der Aussage weder ein positiver noch negativer Tonfall mitschwingen), gibt es auch noch nicht. Das aber soll sich ändern, da das Team um PD Dr. Angela Rustemeyer seit Januar 2012 und bis 2014 an einem "Rahmencurriculum für die abschlussorientierte Grundbildung" arbeitet. Ergebnisse wurden jetzt auf einer Tagung in Königswinter (09./10.10) vorgestellt.

Hier eine kurze Zusammenfassung von Inhalten, so wie ich sie auf dem Tagungsbesuch wahrgenommen habe.
  • Die Inhalte des Rahmencurriculums basieren auf den Inhalten der lea.-Diagnostik.
  • Das Curriculum wird die Fähigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen auf den Leveln Alpha1-Alpha4 (z.T. auch Alpha5) enthalten - ein besonderer Bezug zum Berufsleben (Altenpflegehilfe, Metallverarbeitung) ist vorgesehen.
  • Eine feste ExpertInnengruppe von Alphabetisierungslehrenden, die schon lange in der Alphabetisierungspraxis stehen, kooperiert mit dem Projektteam.
  • Das Rahmencurriculum ist "abschlussorientiert", d.h. beinhaltet den Erwerb von Zertifikaten und die Durchführung von Tests.
  • Es kleinschrittig angelegt, so dass auch minimale Lernziele dokumentierbar sind.
  • Es zielt darauf ab, neue Lernende zu gewinnen: Lernende auf Alpha3-Level und Jugendliche im Übergang Schule-Beruf.
  • Zusätzlich zum Curriculum sind geplant: Lehrwerk, Kurskonzept, Fortbildung (als Modul in ProGrundbildung), Prüfungen (Kooperation mit TELC), Verlinkung mit dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen.
  • Die sozialpädagogische Seite soll im Kurskonzept berücksichtigt werden, aber nicht Teil des Unterrichts sein.
  • Das Rahmencurriculum soll ausdrücklich nicht zur Klassifizierung und Selektion von Lernenden benutzt werden. Das Projektteam betont die Individualität des einzelnen Lerners und des jeweiligen Lernprozesses. Ergebnisse sollen keine Sanktionen bedeuten.
    (Allerdings: wie können genau diese Entwicklungen überhaupt verhindert werden?)
In der zweiten Hälfte des nächsten Jahres ist eine Erprobungsphase geplant. Ganz verschiedene Träger mit verschiedenen Kursformaten können sich für eine solche Erprobung zur Verfügung stellen.

"Wandel von Lehr- und Lernmaterialien" - bildungsforschung

QUelle: bildungsforschung.org
Da werde ich nostalgisch: die große Geo-Karte mit den Ländern Europas (ohne Beschriftung), an der wir Länder und Hauptstädte finden sollten. Der riesige Plastezirkel, an dem man Kreide anbringen konnte. Das lange Holzlineal, das wahlweise auch zum Zeigen (auf besagte Geo-Karte oder auf Schüler) verwendet wurde. Und natürlich "Chatterbox", mein allererstes Englischlehrbuch mit der androgynen Captain Shadow und Zero, ihrem zotteligen Hund.

Die Schule der Zukunft dagegen stellen ich mir wie aus Science Fiction Filmen vor: mit holografischen Karten, die vor einem schweben, und die diverse Piepsgeräusche von sich geben. Und mit Sprachsteuerung. Und Bücher gibt's schon lange nicht mehr.

Und was liegt dazwischen? Google Maps und Tablet-Computer? Dieser Frage widmet sich die neue Ausgabe "bildungsforschung" zum Thema "Wandel von Lehr- und Lernmaterialien". Sie kann hier kostenlos eingesehen und heruntergeladen werden. Besonders interessant finde ich den Beitrag von Monika König und Martin Ebner zur vergleichenden Analyse vom traditionellen Schulbuch und neuen E-Book Formaten.

Weitere Berichte zur Fachtagung des BVAG

Schnell noch zwei weitere Berichte über die 10. Fachtagung des Bundesverbands für Alphabetisierung und Grundbildung.

Hier der offizielle Tagungsbericht des Bundesverbands.
Quelle: alphabetisierung.de


Und hier der Bericht des Oldenburger ABC-Projekts.
Quelle: abc-projekt.de

Tagungsbericht: "Situation, Motivation, Angebote - 10. Fachtagung Alphabetisierung" - dritter Tag

Der
21.09.2012
war der letzte Tag der zehnten Fachtagung Alphabetisierung, und der Endspurt konnte beginnen.


Rudolf Hahn stellte in seinem Input-Vortrag "Grundbildung zur ChefInnnensache machen! Das Trierer Top-Down Modell" das Trierer Bündnis für Alphabetisierung und Grundbildung vor.  Das vor anderthalb Jahren mit 56 Bündnispartnern gegründete Netzwerk hat inzwischen über 70 Partner aus allen Bereichen: Jobcenter und Krankenkasse, Kammern und Gewerkschaften, Sparkassen, Caritas, Wohlfahrtsverbände und, nicht zuletzt, Bildungseinrichtungen.

http://t1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQUzHNA1uVAjfvydUQB4HcIueL6szHP-6_W_xthhOCpabXP41eDe_j2bg
Quelle: ichance.tv
Timm Helten und Jan-Peter Kalisch gaben anschließend Tipps zum Einsatz von sozialen Netzwerken "auf der Suche nach der Zielgruppe". Sie zeigten Möglichkeiten, aber auch Gefahren von Facebook et al. und beendeten den Vortrag mit der Live-Vorführung ihres Facebook-Spiels "Das Dennis-Spiel", einer Art Galgenraten im Stil der Pseudo-Gewinnspiele auf einschlägigen TV-Kanälen wie 9Live.

Quelle: Enrico
Nach einer Kaffeepause berichtete Elfriede Haller zusammen mit Horst Uhrig von den "Erfahrungen, Schwierigkeiten und Erfolgen seit Beginn der Lerner-Bewegung". Neben Anekdoten fielen auch ernsthafte und mahnende Worte. Dies fand dann seinen Höhepunkt in der gemeinsamen Versammlung der meisten anwesenden Lerner/innen auf der Bühne. Es gab Dankesworte an Organisatoren/innen und Lehrer/innen aber durchaus auch kritische Stimmen: Warum werden die Lerner/innen immernoch zu selten in Marketingstrategien und Organisationsbelange eingebunden? Lernende sind nicht nur "die besten Botschafter", wie es im Tagungsprogramm hieß, sie sind auch die wahren Experten. Niemand weiß so gut wie sie, wie eine Ansprache glücken kann, was verstanden, akzeptiert und angenommen wird. Niemand kann eine solche echte Aufmerksamkeit und Gänsehautatmosphäre generieren. Niemandem werden potentielle, neue Lerner stärker vertrauen und sie nachahmen wollen. Die aktiven Lerner auf der Bühne wünschen sich daher eine noch stärkere Einbeziehung in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeitsarbeit, und ich wünsche sie mir auch.



Sowohl unsere Lerner/innen als auch Mitarbeiterinnen fuhren mit vielen neuen Eindrücken und Ideen nach Hause. Im Gepäck haben wir neben den reinen Informationen und neuen Kontakten auch ein Stück Zusammengehörigkeitsgefühl und ein Stück Motivation, das uns allen durch den nicht immer leichten Arbeitsalltag helfen wird. Und damit ist sicher schon ein ganz wichtiges Tagungsziel erreicht!

Blogentry zum ersten Tag
Blogentry zum zweiten Tag der Fachtagung

Tagungsbericht: "Situation, Motivation, Angebote - 10. Fachtagung Alphabetisierung" - zweiter Tag

Der
20.09.2012
war der zweite Tag der Fachtagung Alphabetisierung "Situation, Motivation, Angebote" und begann mit einer Talkrunde mit der Selbsthilfegruppe Oldenburg, vertreten durch Brigitte van der Felde und Ernst Lorenzen. Die Selbsthilfegruppe wird unterstützt von ihrem Lehrer, Achim Scholz, der schon lange an der VHS Oldenburg Alphabetisierungsarbeit macht.
Quelle: Enrico
Sie berichteten von der Gründung der Selbsthilfegruppe und ihrer Arbeit. So laden sie z.B. regelmäßig Mitarbeiter des Jobcenters ein, denen sie und andere Lerner über ihre Fortschritte und Erfolgsgeschichten berichten. Bekannt ist Ernst Lorenzen vor allem als Ernst55, jetzt z.B. auch durch eine 12-seitigen Beilage in der Sueddeutschen (zum Weltalphabetisierungstag am 8.9.2012), in der er von seinen Erfahrungen erzählt. Trotz starker Öffentlichkeitsarbeit sind die Teilnehmerzahlen aber auch an der VHS Oldenburg rückläufig. In diesem Zusammenhang wird auch ein anderes Problem benannt: Wenn Kursleiter wegfallen, brechen oft auch ihre Lerner weg.


Quelle: bmbf.de
Außerdem gab die VHS Oldenburg Einblicke in ihr neues arbeitsplatzbezogenes Projekt "ABC+", das im Rahmen des neuen Förderungsschwerpunkt des BMBF (mein Blogpost dazu) entstand. Das leitete in den nächsten Vortrag über, in dem Mandy Böttger diesen Förderschwerpunkt "Arbeitsplatzorientierte Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener" genauer beschrieb. Sie nahm Kritik an der inhaltlichen Ausrichtung des Förderschwerpunkts bereits vorweg, indem sie betonte, dass über die Arbeitsplätze Zugang zur Zielgruppe gewonnen werden soll. Davon würden dann alle beteiligten (Bildungs-)Einrichtungen profitieren. Investiert werden 20 Mio bis Ende 2015 in über 50 Projekte.

Arbeitsplatzbezogen ging dann auch mein nächster Workshop weiter. Aus den vielen hervorragenden Workshops (hier z.B. Workshopschiene B) einen auszusuchen, war nicht einfach...
Aber da wir als Alpha-Bündnis Neukölln immer wieder vor der Frage stehen, wie wir Unternehmen für unser Netzwerk interessieren können, entschied ich mich für Ellen Abrahams "Unternehmen gewinnen - Grundbildungsangebote im Betrieb verankern". Der Workshop bestätigte mich darin, dass wir prinzipiell nichts falsch machen, sondern dass die erfolgreiche Ansprache von Unternehmen einfach eine schwierige Sache ist. Wenn jemand von Ihnen positive Erfahrungen gemacht oder Ideen zu dem Thema hat, lade ich Sie herzlich ein, diese hier in einem Kommentar zu schilden. Eindrucksvoll waren für mich besonders die Zahlen: Fluktuationskosten pro Mitarbeiter belaufen sich auf 7000EUR und der Ausfall eines Mitarbeiters für einen Tag lässt Wertschöpfungsverluste von 455EUR entstehen. Diese Punkte werde ich auf jeden Fall in meine Argumentation aufnehmen können!

Achim Scholz, der bereits zum ersten Talkrunde am Morgen auftrat, leitete den letzten Workshop, an dem ich im Rahmen der Fachtagung teilgenommen habe. Er berichtete über Finanzierung, Aufbau und Durchführung einer einjährigen Maßnahme an der VHS Oldenburg zu arbeitsplatzbezogener Grundbildung. In 30 Stunden pro Woche werden arbeitsplatzrelevante Grundqualifikationen in Lesen, Schreiben, Rechnen und EDV-Kenntnissen vermittelt. Interessant war hier besonders die Umsetzung von selbstbestimmten und lernerzentriertem Lernen: Jede Woche wird für jeden Lerner ein individueller Lehrplan erstellt, der im Laufe der Woche im eigenen Tempo abgearbeitet wird. Das Projekt ist auch in einem Artikel des Alfa-Forums beschrieben.

Nach so viel Input und Diskussionen kam der anschließende Info-Markt gerade recht. Man konnte mit Kaffee und Keksen ausgestattet zu den vielen Ständen der Organisationen, Verlage, Selbsthilfegruppen und Enrichtungen schlendern. So ergaben sich viele individuelle Gespräche und Kontakte.

Quelle: Enrico
Weitere Gelegenheiten dafür bietete auch der anschließende Tagesausklang mit Essen, Konzert und DJ. Danke, DJ Mans, für die unermüdliche Unterhaltung!





Blogentry vom ersten Tag
Blogentry vom letzten Tag

Tagungsbericht: "Situation, Motivation, Angebote - 10. Fachtagung Alphabetisierung" - erster Tag

Quelle: www.alphabetisierung.de
"32 Workshops, 7 Input-Vorträge, 3 Talkformate, ein Infostand", so beschreibt der Bundesverband für Alphabetisierung und Grundbildung die zehnte Fachtagung Alphabetisierung in der Tagungsmappe. Rückblickend (stattgefunden hat sie vom 19.-21.09.) möchte man noch ein paar Zahlen ergänzen: 3 spannende Tage, ca. 240 Teilnehmer/innen, 2 Moderatoren/innen, so viele Lerner/innen wie noch nie zuvor (da fehlt mir leider eine genaue Zahl), ... und unzählige neue Informationen, Kontakte und Eindrücke.

Der
19.09.2012
begann mit Grußworten von Bart van der Meer, Erstem Stadtrat von Bad Wildungen, und Birgid Oertel vom Hessischen Kultusministerium.  

Peter Hubertus, der Geschäftsführer des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung, brachte die - auch hier im Blog - schon öfter angesprochene Terminologiefrage auf den Tisch: Wie sprechen wir von unserer Zielgruppe? Wie auch Frau Prof. Grotlüschen schon auf der LISUM-Tagung (mein Blogentry) feststellte, sollte der Begriff des "funktionalen Analphabetismus" Wissenschaft, Politik, Medien und Öffentlichkeit vorbehalten sein. Es müsste uns jedoch immer bewusst sein, dass sich die wichtigen Gruppen der Betroffenen, Vertrauenspersonen und auch Unternehmen davon nicht angesprochen fühlen. Dadurch ergibt sich ein Dilemma, das in jeder Veröffentlichung und in jeder Ansprache neu gelöst werden muss.

Marion Döbert gab anschließend einen Überblick zur "Situation von Alphabetisierung und Grundbildung in Deutschland im Spiegel der UN-Weltalphabetisierungedekade". Sie holte dabei weiter aus, denn eine vollständige Beschreibung der Dekade bedeutet auch einen Vergleich mit der Situation VOR der Dekade. Für jemanden wie mich, die noch nicht 30 Jahre Erfahrung in der Alphabetisierungsarbeit hat, war das eine wunderbar komprimierte Darstellung aller Meilensteine seit den 80er Jahren. Es zeigte aber auch deutlich, wie wenig in dem Bereich tatsächlich erreicht werden konnten, und wie weit wir noch selbst von akzeptablen Teilergebnissen entfernt sind. Zu dem gleichen Fazit führte auch Frau Döberts Gegenüberstellung von den "Bernburger Thesen zur Alphabetisierung" und den konkreten Ergebnissen am Ende der Dekade.
Sie war am Ende sehr unter Zeitdruck den Vortrag auch in der gegebenen Zeit zu beenden, aber, Frau Döbert, Ihrem informativen und unterhaltsamen Input hätten wir noch ewig zuhören können!

Prof. Anke Grotlüschen begann ihren Vortrag mit der Aussage, endlich einmal nicht die "Essentials" der leo-Studie vorstellen zu müssen. Stattdessen kam sie auf die neuen Ergebnisse internationaler Studien zu sprechen. Darunter besonders interessant: die "skills for life"-Studie aus Großbritannien wurde nun zum zweiten Mal durchgeführt, und so können die Ergebnisse der Alphabetisierungsarbeit seit 2003 ausgewertet werden. Es zeigte sich, dass trotz Investitionen keine signifikante Senkung der Zahlen erreicht werden konnte - was Frau Grotlüschen mit der falschen Investition der finanziellen Mittel erklärte. Weiterhin besprach sie die auseinandergehenden Ergebnisse von Alpha-Panel (einer Studie, die nur VHS-Kursteilnehmer befragte) und der leo-Studie und schließlich die leo-Studie mit Fokus auf dem Thema Beruf und Arbeit.

Quelle: Enrico
Vertreter/innen von Selbsthilfegruppen stellten ihr Lerner-Manifest mit einem kleinen Imagefilm vor. Das Manifest wurde im Austausch mit anderen Lernern aus Belgien, Deutschland, Irland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien erstellt und kann hier nachgelesen werden.

Quelle: bildungsklick.de
Dagmar Ludzay stellte im Anschluss die neue Werbekampagne des BMBF "Lesen und Schreiben - mein Schlüssel zur Welt" vor, die zeitgleich in Berlin offiziell von Ministerin Annette Schawan eröffnet wurde. Die drei kurzen Werbespots (TV: 35s, Kino: 45s), in denen Erfolgsgeschichten präsentiert werden, wurden dem Publikum gezeigt und wurde in der anschließenden Diskussion kontrovers diskutiert.

Nach einer Kaffeepause begann dann der erste Workshop. Ich hatte mich für Peter Hubertus' "Zentrale Fragen von Unterricht, Kursangeboten und Perspektiven der Alphabetisierung" entschieden. Basierend auf den Fragen der Workshopteilnehmer ergaben sich u.a. folgende thematische Schwerpunkte:
  • Wie können Kursangebote im ländlichen Raum verankert werden? (hier wurde die überdurchschnittliche Bedeutung von Anonymität betont und Verbundplakate vorgeschlagen)
  • Wie geht man mit der Heterogenität der Lerngruppe um? (Heterogenität ist selbst bei gleichem Ausgangsstand nicht vermeidbar, da jede/r in seinem/ihrem ganz eigenen Lerntempo lernt; es wurde auch vor dem gemeinsamen Anbieten von Kursen für Migranten und deutschsprachigen Lese- und Schreibschwachen gewarnt: es bestehen ganz andere Bedürfnisse)
 Mit einem leckeren Abendessen, Konzert und DJ konnte der erste Tag der Fachtagung ausklingen.

Blogentry zum zweiten Tag der Fachtagung
Blogentry zum dritten Tag der Fachtagung


Neulich im Base_Camp...

Quelle: eplus-gruppe.de
Nein, es ist keine Verpflegungshütte vor dem nächsten hohen Berg und auch keine militärische Einrichtung, wie man bei den Namen vielleicht denken könnte. Base_Camp sind die E-Plus Base Ausstellungsräume, in der feinsten Mitte Berlins gelegen. Und da die E-Plus Gruppe den Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung schon seit mehreren Jahren unterstützt, fand dort am 6.September eine Talkrunde zum Thema "Ja ich will. Als Erwachsener Lesen und Schreiben lernen" statt. Zwischen Smart Phones und Tablets fand sich eine große Gruppe an Interessierten aus Wirtschaft und Politik, aus Bildungs- und Presseeinrichtungen und (ehemaligen) Betroffenen zusammen.

Die Talkrunde bestand aus Dr. Ernst Dieter Rossmann, Bildungspolitscher Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion (und auch Vorsitzender des Deutschen Volkshochschulverbandes), Peter Hubertus, Geschäftsführer des Bundesverbandes Alphabetisierung, Jutta Stobbe, Botschafterin für Alphabetisierung und ehemalige Betroffene.

Viele der dringenden Fragen, die auch schon auf der LISUM Tagung (siehe mein Blogentry vom 28.08.) angesprochen wurden, waren auch im Base_Camp Thema:

1.) Wie können Lerner für Alphabetisierungskurse gewonnen werden?
  • Frühere Werbekampagnen u.a. auch für das Alfa-Telefon waren erfolgreich (Telefon ist ein ideales Medium: nicht schriftsprachabhängig und anonym), weitere Kampagnen müssen folgen
  • Vorteile der Beherrschung von Lesen und Schreiben müssen deutlich gemacht werden, um als Motivator wirken zu können (Frau Stobbes Erfahrungen: der eigene Wirkungskreis erweitert sich extrem, sie nimmt jetzt kulturelle Angebote wahr, usw.)
  • In der Gesellschaft muss ein Bewusstseinswandel stattfinden: Eine Lese- und Schreibschwäche sollte nicht nur als Defizit wahrgenommen werden - es bedeutet nämlich auch die Beherrschung von vielen anderen Lebenstechniken, mit denen die Lese- und Schreibschwäche kompensiert wird
  • der Einsatz von prominenten Botschaftern (wie z.B. im Projekt iChance) ist wirkungsvoll
Peter Hubertus sprach einen wichtigen Zusammenhang an: Es muss auch genug Kurse geben, die die durch Werbung gewonnen Personen auch aufnehmen können. Das betraf dann einen zweiten Schwerpunkt:

2.) Wie kann das Kursangebot verbessert werden?
  • Es wurde zunächst festgehalten, dass bereits gute, methodisch vielfältige Kurse bestehen
  • Wichtig sind: 
    • differenzierte Kurse, 
    • flächendeckende Angebote auch in strukturschwachen Gebieten (manche Teilnehmer/innen wünschen sich einen Kurs in ihrer Nähe, andere vielleicht auf Grund der Stigmatisierung einen in größerer Entfernung zum Heimatort), 
    • intensive Angebote (zeitlich stark eingeschränkte VHS-Kurse sind nicht effektiv) 
    • und mehr Angebote (Peter Hubertus wirft eine Zahl in den Raum: 100.000 Kursplätze sollen insgesamt realisiert werden, dass sind 80.000 mehr als bis jetzt bestehen)
3.) Wie kann und muss die Gesellschaft ihren Lese- und Schreibschwachen helfen?
  •  Die Teilnehmer der Talkrunde waren sich einig, dass Lese- und Schreibschwäche die gesamte Gesellschaft angeht; 
    • Peter Hubertus meinte dazu, dass jede Organisation und jede Person sich fragen sollte: 'Was haben wir mit Alphabetisierung zu tun? Wie können wir einen Betrag leisten?
    • auch Ernst Dieter Rossmann betonte "alle müssen mitmachen"
  • Konkret kann das laut Rossmann so aussehen, dass Vertrauenspersonen, wie Ärzte, Betriebsräte, Personalbeauftragte oder Mitarbeiter in Jobcentern das Thema sensibel ansprechen und bei einem Umdenkprozess oder der Vermittlung in Kursangebote helfen
  • Unternehmer müssen in die Verantwortung genommen werden - dazu wurden erfolgreiche Beispiele präsentiert, wie z.B. der Chef eines 5-Sterne-Retaurants, der bewusst Lese- und Schreibschwache einstellt
  • Sowohl Jutta Stobbe als auch Peter Hubertus forderten für die Alphabetisierungsarbeit langfristige, fest institutionalisierte Einrichtungen und nicht nut befristete Projekte mit Honorarverträgen
Mein Fazit:
Die Talkrunde im Base_Camp sollte das Thema Alphabetisierung und Grundbildung am Vor-Vorabend des Weltalphabetisierungstags in das öffentliche Bewusstsein und die Medien holen. Insofern waren umwälzende Erkenntnisse oder grundlegende Veränderungen sicher nicht zu erwarten - und nicht Ziel der Veranstaltung. Die Runde war unterhaltsam und hat aktuelle Probleme angesprochen, der Austausch hinterher kann für die Vernetzung wichtig sein - und damit den Lernern zugute kommen. Am wichtigsten, schönsten und eindrücklichsten wäre es jedoch gewesen, den Lernern und Betroffenen noch mehr Raum zu geben.

Der Weltalphabetisierungstag in der (Web)Öffentlichkeit

Quelle: unesco.org
Heute ist der 8. September - der offizielle UNESCO Weltalphabetisierungstag. Die schon lange bestehenden Schwierigkeiten, mit denen Alphabetisierungsarbeit zu kämpfen hat, sollen an diesem Tag mehr als sonst in das Bewusstsein der Gesellschaft geholt werden. Wo sonst im Netz nur ab und zu mal neue Beiträge zum Thema "Alphabetisierung und Grundbildung" zu finden sind, überschlagen sich gestern und heute die Ereignisse. Damit Sie nicht den Überblick verlieren, habe ich Ihnen Berichte, Events und Sendungen zusammengestellt.

allgemeine Websites

  • offizielle Seite des UNESCO Literacy Day - Literacy and Peace
  • EU-weiter Zusammenschluss von Lernern und Betroffenen - hier auch das Manifest der Lerner mit ihren Forderungen an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
  • ausführliche Linksammlung zum Thema "Alphabetisierung und Grundbildung" vom Deutschen Bildungsserver

Presseberichte

Was Politiker dazu sagen

Filmchen und Podcasts


Der Tag ist ja noch nicht zu Ende - sicherlich muss die Liste am Abend ergänzt werden...


Nachtrag:
Besuchen Sie die Alpha-Fundsachen für eine weitere Sammlung von Alphabeiträgen!
Die ausführliche Liste von Alphabeiträgen finden Sie hier.


Alpha-Bündnisse - Wozu eigentlich?

Das Trierer ist groß und sehr aktiv. Das Neuköllner ist das Erste und bislang Einzige in Berlin. Und jetzt ist ein Landesweites für ganz Thüringen entstanden. Alpha-Bündnisse gibt es bundesweit, und sie werden als Maßnahmen für die Belange von Lese- und Schreibschwachen immer weiter eingesetzt. Und das ist auch gut so.
Aber warum eigentlich?

Szenario 1: Ein Lese- und Schreibschwacher geht zur Krankenkasse / zum Jobcenter / zur Schuldnerberatung o.Ä. Beim Ausfüllen der Formulare täuscht er vor, seine Brille vergessen zu haben. Widerwillig füllt die Beraterin die Unterlagen selbst aus. Unser Lese- und Schreibschwacher geht mit einem unguten Gefühl nach Hause.

Szenario 2: Eine Lese- und Schreibschwache geht zur Krankenkasse / zum Jobcenter / zur Schuldnerberatung o.Ä. Beim Ausfüllen der Formulare berichtet sie von ihrer Schwäche. Der Berater reagiert mit Unverständnis. Unsere Lese- und Schreibschwache geht mit einem unguten Gefühl nach Hause.

Szenario 3:  Ein Lese- und Schreibschwacher geht zur Krankenkasse / zum Jobcenter / zur Schuldnerberatung o.Ä. Beim Ausfüllen der Formulare berichtet er von seiner Schwäche. Der Berater reagiert mit Verständnis, hilft beim Ausfüllen. Unser Lese- und Schreibschwacher geht nach Hause.

Szenario 4: Eine Lese- und Schreibschwache geht zur Krankenkasse / zum Jobcenter / zur Schuldnerberatung o.Ä. Beim Ausfüllen der Formulare täuscht sie vor, ihre Brille vergessen zu haben. Der Berater registriert, dass dies nun schon zum wiederholten Male passiert und spricht seine Kundin angemessen darauf an. Er hört heraus, dass sie an ihrer Situation gerne etwas verändern möchte und kann sie zu einer passenden Bildungseinrichtung weitervermitteln. Um die Angst vor dem ersten Besuch zu nehmen, kann der Berater den Weg dahin, das Zimmer und den Namen der Ansprechperson genau beschreiben. Unsere Lese- und Schreibschwache geht nicht nach Hause, sondern macht sich auf den Weg in ein neues Leben.

Was den Unterschied zwischen Szenario 1,2,3 und Szenario 4 ausmacht? Genau zwei Dinge:
  • geschulte Mitarbeiter in Organisationen, die mit funktionalen Analphabeten häufig in Berührung kommen (wie z.B. Beratungsorganisationen, Gesundheitsorganisationen, etc.)
  • ein aktives Netzwerk von solchen beteiligten Organisationen, das sich regelmäßig trifft und austauscht
Um genau diese zwei Voraussetzungen für ein effektives Erkennen von Lese- und Schreibschwachen und eine schnelle und unkomplizierte Hilfe zu ermöglichen, werden Alpha-Bündnisse gegründet. Sie sind die Netzwerke, die gezielt persönliche Kontakte zwischen beteiligten Organisationen entstehen lassen und dafür sorgen, dass diese Kontakte auch gehalten werden können.

Zugegeben, ich habe die Szenarien zugespitzt formuliert, aber im Idealfall können persönliche Kontakte zwischen engagierten Mitarbeitern tatsächlich Leben verändern. In Diskussionen mit Beteiligten und Fachleuten wird diese Art der Investition immer wieder als effektivste Maßnahme zur Verringerung von Lese- und Schreibschwäche benannt (siehe auch meinen letzten Blogentry zur LISUM-Tagung).



Tagungsbericht "Alphabetisierung und Grundbildung: Wege zum Lesen und Schreiben für Erwachsene"

Vollbild anzeigen
Quelle: bildungsnetz-brandenburg.de
Ein vermeintliches Paradoxon: Es gibt 7,5 Mio funktionale Analphabeten; nur 20000 besuchen Kurse - und trotzdem sind die Kursteilnehmerzahlen rückläufig. Woran kann das liegen und was können wir dagegen tun? Das war die Grundfrage der Tagung "Alphabetisierung und Grundbildung: Wege zum Lesen und Schreiben für Erwachsene", zu der das LISUM (Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg) geladen hatte.
Es gab eine bunte Runde aus Politikern (Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Sekretariat der Kultusministerkonferenz, Landkreis Havelland, Hessisches Kultusministerium, ...), VHS- und anderen Lehrkräften, und Jobcentermitarbeitern, um nur die größten Gruppen zu nennen. Insgesamt war der Saal mit ca. 80 Teilnehmern gut gefüllt.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/56/Struveshof2_LISUM.JPG
Quelle: de.wikipedia.org
Andreas Hilliger, der Abteilungsleiter der brandenburgischen Ministerin für Bildung, Jugend und Sport, sprach in einer kurzen aber gehaltvollen Einleitung zwei wichtige Punkte an. Erstens: Eine Enttabuisierung des Themas ist notwendig, und zwar flächendeckend und nachhaltig. So können sich Menschen gegen die Anonymität entscheiden. So kann ein Umdenkprozess stattfinden, nach dem Motto: "Vielleicht ist es ja doch eine gute Idee, mein Lesen und Schreiben aufzumöbeln."

Zweitens: die Schulen sind wichtige Orte um einerseits Kinder gezielt zu fördern und andererseits auch die Eltern zu erreichen. Schließlich hört man immer wieder von Betroffenen, dass es eine große Motivation für ihre eigene Kursteilnahme war, den Kindern in der Schule helfen zu wollen.

Prof. Grotlüschen von der Uni Hamburg stellte anschließend die leo-Studie vor, die 2010 erstmals genaue Zahlen zu funktionalem Analphabetismus in Deutschland liefern konnte. Wie immer gelingt ihr der Spagat zwischen Theorie und Praxis, zwischen dem Erklären von Basics für Laien und neuen Infos für Profis. Z.B. bestätigt ihre Studie, dass funktionaler Analphabetismus "vererbbar" ist. Was bedeutet das? Wenn zwei Kinder genau die gleichen Voraussetzungen haben und in genau den gleichen Umständen leben, dann neigt dasjenige Kind zu funktionalem Analphabetismus, dessen Eltern keinen Schulabschluss haben und evtl. auch schon mit Lese- und Schreibschwäche zu kämpfen haben. Ein weiteres Argument dafür, wie wichtig es ist, die Eltern zu alphabetisieren.

Auch interessant: Die leo-Studie in Deutschland durchzuführen, bedeutet auch, zwei Erfahrungen mit Schulsystemen zu vergleichen - eines von der DDR, das andere von der BRD geprägt. Erstaunlicherweise gingen die Zahlen nicht weit auseinander - das Schulsystem an sich scheint also keine stark entscheidende Größe zu sein.

Funktionale Analphabeten auf Level 3 haben vermutlich die besten Voraussetzungen, sich schnell zu verbessern. Frau Grotlüschen gab aber auch zu bedenken, dass sich diese Gruppe vermutlich selbst nicht als "funktionale Analphabeten" sehen, und sich mit diesem Begriff wahrscheinlich nicht angesprochen fühlen. Wie kann man ihn, auch in der öffentlichen Wahrnehmung, verändern? Lese- und Schreibungeübte? Schriftschwache?

Hier ist dann auch die inhaltliche Überleitung zu Petra Mundt, Referentin für Grundbildung, Alphabetisierung und Arbeit und Beruf, zu sehen, die ebenfalls über die Terminologie nachdachte. Für die Betroffenenansprache gilt ihrer Erfahrung nach: Plakate und Flyer etc. sollten so groß und so einfach wie möglich sein; wichtig ist ein/e konkrete/r Ansprechpartner/in und eine Telefonnummer. Danach geht es um ein wohnortnahes Angebot, ein schneller Einstieg in den Unterricht und flexible Zeiten.
Ein Problem bei den VHS-Kursen könnte auch sein, dass deren Unterricht auf Alpha-Level 2 ausgerichtet ist; die besseren Betroffenen auf Alpha-Level 3 könnten sich unterfordert fühlen und den Kurs schnell wieder verlassen. Auch problematisch: Viele Materialien sind auf Integrationskurse ausgerichtet, aber manch deutschsprechende/r Betroffene/r möchte nicht immer etwas zu "Wie feiern Sie in Ihrem Land?" erarbeiten müssen.

Nach der Mittagspause gab Stephan Breiding, Pressesprecher des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport, Feedback zu Werbekampagnen und Öffentlichkeitsarbeit für Alphabetisierung. Sein Fazit: ÖA ist gut gemacht und kaum verbesserungsfähig. An diesem Element kann es also nicht liegen, dass Alphabetisierungskurse rückläufig sind. Er schlug vor, ÖA direkt mit Betroffenengeschichten und Schicksalen zu verbinden, die das meiste öffentliche Interesse auf sich ziehen. Es kam zur Diskussion zwischen ihm und den Vertretern der Volkshochschulen, die den Vorschlag von ihrer Sicht aus kommentierten: Die Betroffenen müssen auch vor der Presse geschützt werden, der Pressetermin erfüllt die Unterrichtszeit schon Wochen vorher und nachher, so dass ein "normales" Arbeiten nicht möglich sei, usw.
Die Veranstaltung endete mit zwei Diskussionsrunden.

Fazit: Die eine Lösung konnte nicht gefunden werden. Das ist wenig überraschend und hängt sicher auch mit der in sich extrem unterschiedlichen Zielgruppe zusammen. Worin sich aber alle Teilnehmer einig zu seien schienen, war die Bedeutung von regionalen Netzwerken und den damit zusammenhängenden persönlichen Kontakt zwischen Beteiligten. Will heißen: Wenn der Mitarbeiter vom Jobcenter, die Mitarbeiterin der Schuldnerberatung oder der Krankenkasse so sachkundig und feinfühlig ist, eine Lese- und Schreibschwäche zu erkennen und die Betroffene dann auch noch persönlich zur geeigneten Stelle verweisen kann, dann ist schon viel getan.

Timer- und Organizersysteme für die Projektplanung

Wie behalten Sie Ihre ganzen Aufgaben, Informationen, Kontakte, Ideen oder Termine für (durchaus mehrere) berufliche Projekte im Kopf? Das wichtigste Helferlein ist da sicherlich ein gutes Timer- und Planersystem. Nachdem ich einige Monate mit der Variante Kalender + Notizzettel gelebt habe, wollte ich mir nun eine zuverlässigere und übersichtlichere Lösung einfallen lassen.

Sicherlich ist es wichtig, die für sich individuell passende Variante zu finden. Klar war bei mir von vornherein:
  • Ich möchte keine elektronische Lösung. So sehr ich Gadgets mag, aber für Notizen möchte ich schreiben und nicht tippen.
  • Ich suche eine Ringbuchvariante. Damit bin ich, gerade beim vielen Projekten, am flexibelsten: kann die Seiten hin- und herschieben, kann Zettel überall einfügen und später in einem Ordner archivieren.
  • A5 ist für mich die ideale Größe. A6 ist zu klein für ausführlichere Notizen, A4 ist mir im Umgang einfach zu groß (für Handtasche und so...)
  • Der Planer muss schön aussehen und sich gut anfühlen. Nur so mag ich auch gerne damit arbeiten. 
  • Der Planer muss Taschen für z.B. Post-Its, Zettel, Klebchen, Briefmarken, etc. anbieten. Und eine Stifteschlaufe o.Ä. - damit er immer einsatzbereit ist.


Nach einigen Recherchen zeichneten sich folgende Varianten ab:

1. Der Roterfaden Taschenbegleiter

mit fdl. Genehmigung von roterfaden.de

Ohhh, ist der schön! Aus Leder oder Tanzboden (kratzfester Kunststoff) hergestellt und in vielen Farbkombinationen bestellbar, ist dieser Planer einfach eine Augenweide. Made in Germany, mit Einschubtaschen, mit einem dicken und auffälligem Gummi verziert, belastbar, und ... hab ich es schon erwähnt? ... wunderschön.

mit fdl. Genehmigung von roterfaden.de
Nachdem sich mein Ästhetiksinn etwas beruhigt hat, kam dann doch die Vernunft durch. Denn der Clou des Taschenbegleiters ist gleichzeitig auch (für mich) ein Nachteil. Der Taschenbegleiter funktieniert nicht mit Ringen, sondern mit Haken, in die Heftchen eingesetzt werden können. Auch lose Zettel können gefaltet und so beim Haken mit eingefügt werden. Dieses System spart Platz und die Ringe stören nicht beim Schreiben. Unterschiedliche Projekte können unterschiedliche Hefte bekommen und ein (Lehrer!)kalenderheftchen kann auch gleich mit bestellt werden. Hier ist aber mein Problem: Die losen Zettel (und davon benutze ich viele), können eben nur am Haken und nicht beliebig im ganzen Planer eingefügt werden. D.h. nur an 3 oder 4 Stellen - und das reicht mir leider nicht.

Fazit: So Leid es mir tut - aber die Ringbuchmechanik ist für mich unverzichtbar.

2. Eine Ringbuchmappe

bind Systemplaner 10100 mit fdl. Genehmigung von Jüscha
So kennen wir sie: aus Leder oder Lederimitat mit jeder Menge Einschubfächern für Visitenkarten und mehr oder weniger ausschließlich in schwarz oder vielleicht noch braun gehalten. Ist sicher extrem praktisch und hat die von mir gewünschte Ringbuchmechanik... aber die Ästhetin, als die ich mich ja gerade geoutet habe, mag den Einheitsbrei einfach nicht. Das ist wie im schwarzen Kostüm zur Arbeit gehen: klassisch aber eben auch irgendwie langweilig. Da fehlt dann doch die bunte Bluse oder die Statementkette oder der ausgefallene Schnitt...!

3. Ein Filofax Organiser

Quelle: Flickr (iris30606)

Wenn man auf die Optik wert legt, dann ist der Filofax-Organiser eine super Planeralternative. Hier hat man unter Hunderten von schönen, gut verarbeiteten und ewig haltbaren Schmuckstücken die Qual der Wahl. Mein Favorit ist das Modell Domino - wegen des Gummiverschlusses. Am liebsten in Knallrot. Man kann auch unzählige Assessoires kaufen und damit seinen Organiser bestücken.
Quelle: Flickr (iris30606)
Ich habe mich doch gegen ein Filofax entschieden - wegen der 6-Ringanordnung. Ich möchte meine Zettel unkompliziert verwalten und einen Standardlocher benutzen. Wo auch immer ich bin und mit welchem Papier auch immer. Und vielleicht später auch in Standardordnern ablegen. Klar kann man mit speziellen Filofax-Lochern auch in jedes beliebige Papier lochen, aber das Problem mit der Ablage besteht dann immer noch...

4. Ein Organizer-Outfit

Organizer A4 Ringbuch mit Filzhülle
mit fdl. Genehmigung von maultaeschle_bw
mit fdl. Genehmigung von maultaeschle_bw
Wie kriegt man eine Standardlochung? Mit Standardringbüchern. Nur, dass die langweilig sind. Was bleibt zu tun? Ein schickes Outfit drumrum. Wie hier gesehen bei DaWanda von Maultaeschle_bw. Gibt es in A4 und A5 und verwandelt ein Standardringbuch aus dem McPaper von nebenan in einen hübschen und funktionalen Organizer. Der sich gut anfühlt, Platz für jede Menge Zettel in den Einschubfächern bietet und universell anwendbar ist. Jaaaaa, das ist jetzt schon ganz nah dran, an meinem ultimativen Planungstool. Schließlich habe ich mich doch gegen das Filz entschieden. So schön graues Filz auch ist, vielleicht wird es abgegriffen, oder Flecken kommen drauf?

5. Ein hübsches Lederringbuch

http://s32.dawandastatic.com/Product/23527/23527185/long/1320702860-106.jpg?20120609170611Schließlich habe ich ein hübsches und praktisches Lederringbuch von zwowerk bei DaWanda gefunden und letzlich auch bestellt. Es wurde in Bielefeld handgemacht und schnell an mich verschickt.Dieses Ringbuch hat alle meine Kriterien erfüllt und jetzt ist es schon gefüllt mit vielen Kategorien und ebenso vielem (endlich sortierten!) Zettelkram, 2 Postkarten und Briefmarken. Und es riecht so gut!

Vielleicht zeige ich in einem der nächsten Posts, wie ich es eingerichtet habe...