Akteure der Alphabetisierung: Renate Ömer

Ömer Renate
Quelle: http://www.bhw-n.eu

Renate Ömer

ist gelernte DaF-Lehrerin und IT-Organisatorin.
Arbeitsschwerpunkte: Methodik & Didaktik IKT, Mathematik mit Lebensweltbezug, Kompetenzorientierung.
Bis 1999 Diplomstudium Komparatistik & Germanistik (DaF), bis 2008 IT-Organisation Teich AG, ab 2009 Lernbegleiterin Basisbildung, seit 2011 Projektarbeit Social Media in der Basisbildung.

Empfehlenswert für KursleiterInnen ist neben vielem anderen auf Zukunft-Basisbildung auch ihr Blogbeitrag: "Das Drehbuch für den Unterricht".

1.) Warum haben Sie sich / hast du dich dazu entschieden, im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung zu arbeiten?

Die Verbindung von Bildung mit Praxistauglichkeit fasziniert mich. Die Teilnehmenden der Basisbildung brauchen eine Bildung, die ihnen unmittelbar nützt. So können sie den Sinn und Lernaufwand nachvollziehen.

2.) Welche Tätigkeit hat Ihnen/dir bisher in diesem Bereich am meisten Spaß gemacht?

Gegenseitige Handyschulungen

3.) Wie sehen Sie / siehst du die Zukunft in diesem Bereich, bzw. was ist Ihrer/deiner Meinung nach derzeit das dringlichste Problem?

Professionalität des Lehrpersonals an die Öffentlichkeit kommunizieren

4.) Was möchten Sie / möchtest du dem beruflichen Nachwuchs mit auf den Weg geben?

In der Bearbeitung kollaborativer Aufgaben Lernstand sichtbar machen, Kompetenzen weiterentwickeln und anhand alltagsrelevanter Aufgaben Lernziele überprüfen.

5.) Was ist Ihr / dein Lieblingswort?

Alltagspraxis

Leichte Sprache für Einsteiger


Leichte Sprache ist auf dem Vormarsch. In anderen Ländern zwar noch mehr als hier (Wikipedia gibt es schon in Simple English) - aber auch in Deutschland taucht Leichte Sprache immer häufiger auf.

Zum Beispiel auf der Internetseite der Bundesregierung (auch mit anderen Tipps, wie z.B. zum Stromsparen) oder des Bundestags. Es gibt auch ein online-Wörterbuch für Leichte Sprache. Auch Online-Nachrichten kann man abrufen, und einen Verlag für Leichte Sprache hatte ich bereits in diesem Blog vorgestellt.

Es gibt "Übersetzungsregeln" in der leichten Sprache. In der Publikation "Leichte Sprache. Ein Ratgeber." (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) werden die wunderbar vorgestellt. Die Publikation kann hier kostenfrei bestellt werden.

Einige der Regeln möchte ich kurz zusammenfassen:

  • -Wenig Fach- oder Fremdwörter
  • -es sollten immer die gleichen Wörter für die gleichen Dinge verwendet werden
  • -Einfacher Satzbau, kurze Sätze
  • -Lange Wörter mit Bindestrich (Rat-Geber)
  • -Verben im Aktiv
  • -Kein Konjunktiv, Genitiv
  • -Große Schrift, großer Zeilenabstand
  • einfache Sansserifen-Schrift (Arial, Tahoma, Verdana)
  • -Anschaulichkeit durch viele Bilder (aber nicht als Hintergrund) 
Wer würde sich nicht über leichte Sprache freuen? Ich würde mir wünschen, ihr im Alltag noch viel öfter zu begegnen. Gerade bei Formularen oder Gesetzestexten würde ich immer die Version in leichter Sprache wählen. Das Übersetzen in Leichte Sprache ist jedoch ein Handwerk, und man sollte sich als Organisation immer an ein professionelles Übersetzungsbüro wenden.

Akteure der Alphabetisierung: Michael Power

  • geboren in Tipperary, Irland
  • hat mit 16 die Schule ohne Abschluss verlassen
  • arbeitete 20 Jahre lang als Kranfahrer in einer Glasfabrik
  • entschloss sich, Lesen und Schreiben im Einzelunterricht und dann in einer Abendschule zu lernen
  • wurde Vertreter der Lernenden (student representative) im Vorstand der Nationalen Agentur für Alphabetisierung (National Adult Literacy Agency - NALA)
1) Warum hast du dich dazu entschieden, lesen und schreiben zu üben?
Als meine Kinder in die Schule kamen, wollte ich ihnen helfen können. Das war der Auslöser. Aber Lesen und Schreiben zu können, war sowieso schon immer mein großer Traum. Ich hatte leider nicht die Gelegenheit dazu, als ich jünger war. Deswegen wollte ich mein Leben später selbst in die Hand nehmen und vorwärtskommen.

2) Was ist besonders gut daran, lesen und schreiben zu können?
Oh jeh, wo soll ich da anfangen?! Endlich richtig lesen und schreiben zu können, hat mein ganzes Leben verändert. Es hat mir eine neue Welt eröffnet. 
Es sind eigentlich die ganz einfachen Dinge: ich kann ein Buch lesen, mit dir skypen und emailen, und so weiter. Ich bin in dieser Gesellschaft kein Außenseiter mehr. Ich bin stolz auf das, was ich geschafft haben und schäme mich nicht mehr. Und ist es nicht großartig, dass ich jetzt anderen helfen, andere unterstützen und ermutigen kann?

3) In der Gesellschaft muss man für die Alphabetisierung noch viel verbessern. Was ist deiner Meinung nach im Moment  das wichtigste Problem?
Nicht gut lesen und schreiben zu können, ist immer noch ein Makel in unserer Gesellschaft. Wir müssen diese Meinung gemeinsam verändern. Wir müssen zeigen, dass wir nicht dumm sind, und dass wir der Gesellschaft viel bieten können, wenn sie uns lässt. Wenn die Menschen und auch diejenigen in Machtpositionen, ihre Einstellung verändern, dann ist es für die Betroffenen viel leichter, in Kurse zu gehen.

4) Was möchtest du Betroffenen sagen?
Lesen und Schreiben zu lernen, hat mein Leben verändert. Es war für mich ein ganz beänstigendes Erlebnis, zum ersten Mal in einen Kurs zu gehen. Aber ich habe gemerkt, wie es sich gelohnt hat, als ich mein erstes Buch gelesen hatte. Ich bin in die Welt des Lesens eingetaucht, ich konnte meiner Tochter helfen und ich konnte sogar eine neue Arbeit finden. Ich bin ein lebendes Beispiel dafür, was man schaffen kann - alle meine Träume sind wahr geworden.

5) Was ist dein Lieblingswort?
Ich kann mich nicht entscheiden. Ich mag sie alle.


Übersetzung aus dem Englischen: Theresa Hamilton  

Europäische Workshops für Lehrende in der Alphabetisierung und Grundbildung (Grundtvig)

Der Buchstabe A in Groß- und Kleinschreibung
Quelle: http://www.na-bibb.de
Europa hatte Projektgelder ausgeschrieben, die nur für die Alphabetisierung und Grundbildung gedacht waren. Im Zeitraum zwischen dem September 2013 und August 2014 wurden und werden die so finanzierten Workshops durchgeführt. Höchste Zeit also, einmal zu schauen, was da so gemacht wurde! Dabei konzentriere ich mich auf die deutschen Workshops, obwohl natürlich auch viele andere europäische Länder beteiligt waren. Einen Katalog, der alle Workshops aufzählt und beschreibt, findet man hier.

Methoden

 

Viele der Workshops hatten das Ziel, eine neue oder andere Form des Lernens zu untersuchen. Dabei gibt es Lernen durch Spiele, durch digitale Medien, durch Bilder und durch Comics. Lernen mit allen Sinnen, mit Körpersprache, mit Musik und Bewegung. Andere Workshops untersuchen die Möglichkeiten des kreativen Schreibens und des (biografischen) Geschichtenerzählens im Alphabetisierungsunterricht. Es gibt auch Workshops, die ein Thema (Zeit, Wasser, Reisen) als Ausgangspunkt für Alphabetisierungsunterricht suchen.
Spannend klingt der Workshop zum Geschichtenerzählen: "Storytelling als motivierende Methode beim Erlernen der Schriftsprache" vom Landesverband der Volkshochschulen Sachsen-Anhalt. Die Methode wird dort in verschiedenen Formen ausprobiert und diskutiert. Dabei sind - das ist ja auch immer ein Qualitätsmerkmal von solchen Veranstaltungen - Lernende beteiligt, die mitmachen und ihre Sichtweise erklären.

Grundbildungsthemen

 

Bei den Workshops geht es vor allem um den Schriftspracherwerb. Aber darüber hinaus werden auch andere Grundbildungsthemen angesprochen. In diesen Workshops geht es um Beteiligung - also wie Grundbildungskompetenzen im Unterricht geübt werden können, so dass sie auch im Alltag der Lernenden sicher benutzt werden können.  Andere Workshops haben Themen wie Gesundheit oder Medienkompetenz.

Über den Unterricht hinaus

 

Gute Alphabetisierungs- und Grundbildungskurse reichen nicht. Sie müssen auch in andere Einrichtungen,  Netzwerke und Foren eingebunden sein, sie müssen im Austausch stehen. Auch dazu gibt es einige Gruntvig-Workshops: zu Kooperationen oder zu "Brückenmenschen" (wie Multiplikatoren, Mentoren, Bildungsagenten) in der Alphabetisierung.