Osterlektüre


Ostern...ein paar Tage, um vom Unterrichts- und Arbeitsalltag durchzuschnaufen. Neben gutem Essen, guten Filmen und Osterlaufen auf dem Lande (dabei sind die Fotos unten entstanden - thematisch haben sie nichts mit dem Blogeintrag zu tun, aber schön sind sie ja doch, deswegen hab ich sie als Ostereier hier und da versteckt) - wie kann man die Zeit noch sinnvoll nutzen?

In diesem Jahr muss ich die vom BAMF vorgeschriebene Zusatzqualifikation für Lehrkräfte in Alphabetisierungskursen erwerben. Bald kommen Module 3 und 4 auf mich zu, und dazu gibt es vorbereitend auch Lektüre, die ich mir für die Ostertagsvormittage vorgenommen hatte. Es folgen eine kleine Auswertung und ein paar Gedanken dazu.

Theoretische Grundlagen des Schriftspracherwerbs

Da die Linguistik bei mir an der Uni immer schon eine wichtige Rolle spielte, und Forschungen zu Oralität und Literalität eines der Steckenpferde meiner Professorin waren, kam mir hier schon Einiges recht bekannt vor.
Harmut Günther diskutiert in seinem Artikel "Mündlichkeit und Schriftlichkeit", wie sich die mündliche von der schriftlichen Sprache unterscheidet.

Mündlichkeit und Schriftlichkeit spielen in Integrationskursen mit Alphabetisierung deswegen eine Rolle, da hier die deutsche Sprache natürlich sowohl als Kommunikationsmittel in mündlichen Situationen (z.B. Dialoge beim Einkaufen oder in anderen Alltagssituationen), als auch für schriftliche Anforderungen (überhaupt erst einmal das Vermitteln der lateinischen Buchstaben, und eben auch das Lesen von Informationstexten oder das Ausfüllen von Formularen) unterrichtet wird. In reinen Lese- und Schreibkursen, z.B. für deutsche Muttersprachler, wird demnach nur die Schriftsprache vermittelt. Oder?

Günther argumentiert, dass es die mündliche Sprache und die schriftliche Sprache, die nach bestimmten Merkmalen voneinander unterschieden werden kann (und damit auch mehr oder weniger unabhängig voneinander unterrichtet werden kann) nicht gibt. Man kann zwar "konzeptionell" unterschiedliche Merkmale der Mündlichkeit und der Schriftlichkeit bestimmen (S.66):
mündlich = Parataxe, situationsgebunden, privat, geringere Komplexität und Planung, stärkere Redundanz, usw
schriftlich = Hypotaxe, situatonsentbunden, öffentlich, größere Komplexität und Planung, geringere Redundanz

Man muss diese Merkmale allerdings prototypisch denken, d.h. in dieser Idealausprägung existieren sie eben nur in der Vorstellung; in der Praxis vermischen sich beide Konzeptionen ständig. Man denke nur an die Dialoge, die in Lehrwerken wie "Von A bis Z" (Klett) jede Lektion einleiten. Hier wird gesprochene, mündliche Sprache verschriftlicht - und damit ja auch verzerrt. In frühen Deutschlehrwerken waren die Dialoge sehr "gestelzt" - d.h. sehr schriftsprachlich - dargestellt, dann forderte man größere Authentizität, also auch einmal Nachfragen und Interjektionen in dem geschriebenen Dialog (und damit stärkere Durchmischung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit).

Was bleibt dabei als Fazit für die Unterrichtspraxis?

Vielleicht kann man bei den Lernenden ein Gespür, ein Gefühl für unterschiedliche "Deutschs" entwickeln, indem man bewusst verschiedene Textsorten vergleichen lässt.
Vielleicht sollten man sich bei Dialogübungen nicht sklavisch an die (schriftlich) vorgegebenen Redemittel halten, sondern eine gewisse Kreativität und Spontanität nicht nur zulassen, sondern auch besonders wertschätzen - selbst, wenn so mehr Fehler entstehen.
Vielleicht sollte man auch bei den "reinen" Lese- und Schreibkursen die mündliche Sprache mit beüben, und das natürliche "Springen" von mündlicher und schriftlicher Sprache trainieren (z.B. durch das schriftliche Zusammenfassen von Diskussionen in geschriebenen Stichpunkten).










Eine Unterrichtseinheit auf der Wörterebene

Zur Einführung neuer Wörter habe ich letzten Donnerstag diese Unterrichtseinheit durchgeführt.
Zur Info die Eckdaten des Kurses: Es geht um einen Lese- und Schreiblernkurs mit nur bis zu 6 Erwachsenen. Die Lerner befinden sich weitgehend noch auf der Wortebene. Die vorgestellten Übungen sind für 2 Stunden ausgelegt.

Benötigt wird eine bestimmte Menge an neu einzuführendem Wortschatz als Bilderkarten - hier habe ich wieder aus dem Hamburger ABC ausgeschnitten. Zusätzlich fertigt man die gleiche Menge an leeren Wortkarten an. Wie beim "Galgenmännchen" steht ein jeweils ein Strich für jeweils einen Buchstaben.



Die Lerner suchen sich zunächst ein Bild von den Bildkarten aus, das sie als Wort schreiben lernen möchten. Nach der Methode des "Steinddiktats" wird das Wort dann erarbeitet.


Anschließend wählen sie von den leeren Wörterkarten eine aus, die der Anzahl der Buchstaben entspricht und tragen das Wort ein. Die Steine geben dabei Hilfestellung.

Damit kann nun erst einmal eine oder zwei Runden "Memory" gespielt werden.

Danach werden die Wortkarten an der Silbengrenze abgeschnitten und müssen wieder zusammengepuzzelt werden.

Als letzte Aufgabe (oder auch nur für die schnelleren Teilnhmer) können die einzelnen Buchstaben auch abgeschnitten und wieder zusammengesetzt werden. Dabei kann man den Schwierigkeitsgrad erhöhen oder heruntersetzen, je nachdem mit wievielen Wörtern man puzzelt.


Lese- und Schreibspiele

Jede/r Kursleiter/in kennt es. Man führt neue Wörter ein, und dann übt man sie mit Einsetzübungen und Lesen und Lückentext und so weiter. Dann sitzen sie gut, oder auch nicht so sehr - aber man kann sie nicht oft genug wiederholen. Kursteilnehmer dazu zu begeistern - vor allem eine halbe Stunde vor Feierabend - ist oft nicht einfach. Deshalb: Spiele müssen her! Mit einfachen Mitteln kann Wortschatzwiederholung richtig Spaß machen. Ein paar Ideen, frisch eingesetzt gerade letzte Woche, möchte ich hier vorstellen. (Nicht unbedingt neu - aber manchmal hilft es ja schon, sich an die alten Spiele zu erinnern.) Alles was man dazu braucht sind Bilderkärtchen mit dem zu wiederholenden Wortschatz - meine sind hier ausgeschnitten aus dem Hamburger ABC IIa, aber es gibt ja inzwischen zu jedem Alpha-Lehrwerk Bilderkarten dazu (bei "Schritte Plus Alpha" kann man sie im Lehrwerk auf den letzten Seiten ausschneiden; "Von A bis Z" und "Alpha Plus" bieten sie auf ihrer Website zum Herunterladen an).

1. Wörtermix
(aus: Manuela Macedonia: "Sprachspiele. Tipps und Ideen zum Sprachenlernen")

Die Bilder werden auf der Rückseite beschriftet - aber nicht mit dem Wort des Bildes, sondern mit dem Wort eines anderen Bildes aus dem Stapel. So werden alle Bildern umseitig beschriftet - immer mit einem anderen Wort, das ein anderes Bild beschreibt.

Jetzt geht das Spielen los: Alle Bildkarten werden mit der Bildseite nach oben ausgelegt - nur eine Karte liegt mit dem Wort nach oben aus (hier: Elefant). Der/die erste Spieler/in liest das Wort vor und sucht das Bild dazu. Wenn er/sie das Bild findet, wird es umgedreht - der Nächste liest das Wort vor und sucht das passende Bild. So werden alle Bilder allmählich umgedreht, bis am Ende alle Wörter aufgedeckt sind. Jetzt geht's andersherum: ein Bild wird aufgedeckt, und zwischen allen Wörtern das Passende gesucht. Und immer so weiter...

2. Wörter würfeln

Alle Karten werden, mit der Wörterseite nach oben, nacheinander hingelegt. Dabei kann eine schöne, lange 'Schlange' entstehen. Jede/r Spieler/in bekommt einen Spielstein, und dann wird gewürfelt und die Augenzahl auf den Karten nach vorne gesetzt. Wo das Spielmännchen stehen bleibt, das Wort muss vorgelesen werden. Danach wird das richtig gelesene Wort vom Spieler/in an sich genommen und der nächste ist dran, bis die Schlange verschwunden ist.

Genauso können natürlich Bilder ausgelegt werden, um Wortschatz zu trainieren - ich habe die gleiche Methode sogar schon mit Fragen aus dem Orientierungskurs gespielt.

3. Bingo

Ein Klassiker - funktioniert einfach immer! Dafür können die gleichen, nicht übereinstimmenden Kärtchen aus dem "Wörtermix" (s.o.) genutzt werden. Zuerst werden alle mit der Bildseite nach oben ausgelegt. Die Lernenden schreiben 6, oder auch mehr, Wörter ihrer Wahl in ihr Heft.

Danach werden die Kärtchen in eine Kiste (oder irgendein anderes Behältnis) getan. (Jetzt im Winter bietet sich eine Mütze an - die hat man immer bei sich.) Ein Lernender zieht eine Karte und liest vor. Wer dieses Wort aufgeschrieben hatte, streicht es in seinem Heft weg. Wer als erste/r alle Wörter wegstreichen konnte, hat gewonnen.