Fachtag Alphabetisierung und Grundbildung in Brandenburg

Immer einmal im Jahr wird im Brandenburger Landesinstitut für Schule und Medien LISUM) ein Fachtag zum Thema Alphabetisierung und Grundbildung durchgeführt. (Hier kann man meinen Bericht für 2012 noch einmal nachlesen.) Diesmal lag einer der Schwerpunkte der Veranstaltung auf dem kleineren Bruder der Alphabetisierung: dem Lernen von Mathematik im Erwachsenenalter.

Dr.Anja Perry stellte die Ergebnisse der PIAAC-Studie im Bereich der mathematischen Kenntnisse vor.
Thomas Waldstein sprach über seine Arbeit am Modul "Mathe auf Schritt und Tritt". Hier geht es um das "Vermitteln von grundlegenden Rechenvorgängen: Grundrechenarten, das Verständnis für Brüche, Verständnis und Umgang mit Größen und Rechnen von Zwei- und Dreisatz".
Prof. Dr. Wolfram Meyerhöfer berichtete von der Erstellung eines Mathe-Lehrplans für den dvv. Einer seiner wissenschaftlichen Schwerpunkte sind "mathematische Analphabeten". Für seine Forschung begibt er sich in die Praktikerrolle und unterrichtet einen Mathe-Volkshochschulkurs. Schön, wenn Wissenschaft und Praxis so zusammenkommen! Interessante und nachdenkliche Interviews mit ihm kann man hier, hier und hier nachlesen.
Er teilt Mathe-Kenntnisse in 3 Stufen auf:
  • Basis 1: Erwachsene mit besonderen Schwierigkeiten im Rechnen - auf dieser Stufe sind Menschen, die Rechnungen im Zahlenraum unter 20 nur zählend ausführen. Interessant ist, dass diese Lerner aber auch viele andere komplexere Rechnungen durch Kompensationsstrategien durchführen können.
  • Basis 2: Lerner schaffen auch größere Zahlenräume und entwickeln ein Verständnis für Größen so, dass sie den Taschenrechner nutzen können.
  • Basis 3: Lerner wagen sich in den Bereich des "Bürgerlichen Rechnens" vor. Darunter zählt der Stoff der Sekundarstufe I, den sich die Lerner selber wünschen. Hier geht es nicht mehr um Kenntnisse, die sie im Alltag brauchen, sondern um ökonomische und gesellschaftliche Teilhabe.
Nach der Mittagspause konnten sich die Tagungsteilnehmer für Workshops entscheiden. Ich ging zu Dr. Renate Gruhle von der VHS Oder-Spree, die Tipps und Hinweise zum Thema "Erstberatung gestalten" gab. Um einen ersten Anhaltspunkt zu haben, in welchen Kurs der oder die Betroffene passen würde, wurde der Anamnesebogen von Thomas Waldstein oder der Orientierungsrahmen Alphabetisierung und Grundbildung vom dvv empfohlen. Die lea.Diagnostik wurde von den Praktikern im Workshop als zu aufwendig für die Erstberatung eingeschätzt.

Die Tagung endete mit einer Diskussionsrunde zum Thema "Gemeinsam für Alphabetisierung und Grundbildung - Netzwerke, Alpha-Bündnisse, Runde Tische" (siehe Foto oben). Verschiedene Vertreter von Berliner und Brandenburger Netzwerken erzählten von ihren Erfahrungen mit verschiedensten Zusammenschlüssen zum Thema. Unterschiedliche Netzwerke werden aus unterschiedlichen Gründen ins Leben gerufen: um neue Erfahrungen, Forschungsergebnisse, ... zu teilen und zu nutzen, um zu sensibilisieren, um Austausch und Kooperationen anzuregen, um Praktiker an politischen Prozessen zu beteiligen, um eine Plattform für eine fachliche Auseinandersetzung zu schaffen. Wichtig ist es, die Strukturen zu schaffen, die gut zu den speziellen Situationen und Gegebenheiten passen.